Bochum. . Bochum darf getrost stolz sein. Nicht zufällig entstand in dieser Stadt 1972 die erste schwule Männergruppe und das bundesweit. Seit über 30 Jahren arbeitet die Rosa Strippe erfolgreich in der Beratung. Im Gespräch mit Michael Weeke äußerte sich Leiter Markus Chmielorz zu möglichen Auswirkungen.

Das öffentliche Bekenntnis des ehemaligen Fußballnationalspielers Thomas Hitzlsperger zu seiner Homosexualität lenkt die Aufmerksamkeit auf die Lebenssituation von Homosexuellen. Die ist oft schwierig, gerade, wenn sie einem „typisch“ männlichen Beruf nachgehen. Mit dem Leiter der Bochumer Beratungsstelle Rosa Strippe, Markus Chmielorz (46), sprach Redakteur Michael Weeke über mögliche Auswirkungen dieses Outings auf die Wahrnehmung und das Leben von Schwulen oder Lesben in unserer Stadt.

Lässt sich jetzt schon absehen, ob der Schritt von Thomas Hitzlsperger eine andere Umgehensweise mit Homosexualität nach sich zieht?

Markus Chmielorz: Mich erinnert dies sehr an das Coming Out von Klaus Wowereit 2001. Sein Satz ‘Ich bin schwul und das ist gut so’ stand am Beginn einer ganzen Reihe von Bekenntnissen schwuler Politiker. Ich gehe davon aus, dass ein ähnlicher Prozess nun auch im Sport einsetzt. Ich würde mir das jedenfalls wünschen.

Schon wird über den Zeitpunkt von Hitzlspergers Selbst-Outing gesprochen. Er wartete bis zum Ende seiner Profi-Karriere...

Chmielorz: Da gibt es nichts zu kritisieren. Es geht doch immer um ganz persönliche Lebensgeschichten. Oft ist es ein Prozess. Wichtig ist vor allem, wie die Menschen für sich eine positive Einstellung zu ihrer sexuellen Orientierung bekommen. Es ist ja auch kein Zufall, dass etwa Schüler meist erst nach Ende der Schulzeit ihr Coming Out haben.

Da geht es um Diskriminierung, Mobbing bis hin zu psychischer oder physischer Gewalt. Was passiert konkret?

Chmielorz: Es gibt eine aktuelle Studie, die die häufigsten Schimpfwörter in Schülerkreisen untersucht hat. Ganz oben auf der Liste steht „Schwule Sau“. Ich kann doch nicht Menschen raten, die sich in einem besonders homophoben Umfeld bewegen, sich zu outen. Außer Fußball oder Schulen sind andere Sportarten oder auch die Bundeswehr zu nennen.

Gibt es Beispiele aus ihrer Beratungsarbeit?

Chmielorz: Natürlich. Vor Jahren kam etwa ein Berufssoldat zu uns in die Beratung. In seinem Alltag hatte er sein schwules Leben völlig von seiner Person getrennt. Es kam praktisch nicht vor. Aber immer wieder suchte er sexuelle Kontakte mit Männern. Irgendwann kam er zu uns. Er hatte sich verliebt, suchte nach einer festen Beziehung. Es ist dann die Entscheidung jedes Einzelnen, sich für eine Lösung zu entscheiden.

Was macht es etwa Fußballern so schwer, sich zu ihrer Homosexualität zu bekennen?

Chmielorz: Da wird doch ein bestimmtes männliches Bild erwartet und auch gelebt. Zufällig habe ich dieser Tage einen dänischen Film von 1987 gesehen. Da kam ganz selbstverständlich auch eine schwule Fußballmannschaft vor. Seit Ende der 80er Jahre gibt es in Dänemark eingetragene homosexuelle Lebenspartnerschaften, bei uns ist das erst seit 2001 möglich.

Bochum gibt sich als offene Stadt, sogar die Regenbogenfahne wird am Rathaus gehisst. Ist das mehr als bloße Show?

Chmielorz: Das ist zumindest kein Zufall. In Bochum hat sich 1972 die erste Schwulengruppe der damaligen Bundesrepublik gegründet. Daraus ging dann 1980 die Rosa Strippe hervor. Da ist in den vergangenen mehr als 30 Jahren viel passiert. Trotzdem gibt es Homophobie. Ich bin gespannt, was sich nach dem Outing Hitzlspergers bewegt. Ich kann nur sagen: Wir beraten und versuchen Unterstützung zu geben. Oft helfen dabei Kontakte mit anderen Homosexuellen.