Bochum. Du bist keine Schönheit. Das sang Bochums Barde Herbert Grönemeyer über die gesamte Stadt. Er mag auch die Kortumstraße gemeint haben und die Tatsache, dass sie in der Tat viele Gesichter hat, verbaut, erneuert, restauriert wurde. Gerade das macht sie aus.
Diese Rein-Tour kann schwierig werden. Wo anfangen, wo aufhören mit dem: hier mal rein, da mal rein? In welchen Laden, welches Geschäft, welches Lokal an der Kortumstraße gehe ich zuerst, in welches zuletzt? So viele Möglichkeiten, so viele Geschäfte, so viele Geschmäcker. Alles so schön bunt hier.
Die Straße, man kann sie wahlweise Lunge oder Herz oder Schlagader der Stadt nennen, ist so lang. Sie schlängelt sich von Wiemelhausen im Süden bis an den Stadtpark im Norden des alten Stadtkerns und wird aus den sechs Ursprungsstraßen Bahnhof-, Friedrich-, Hoch-, Kortum-, Heinrich- und Kaiser-Wilhelm-Straße gebildet. Da gibt es viel zu sehen und erleben – wenn man denn will.
Die Kortumstraße ist die Hauptschlagader des Einzelhandels
Manche sagen, sie sei bisweilen auch lang-weilig. Damit können sie aber nur die Stellen an dieser Kommerzmeile meinen, die immer mal wieder flüchtige Geschäftsideen aufnehmen oder Läden, denen günstig nicht billig genug ist.
Herbert Grönemeyer hatte doch Recht
Du bist keine Schönheit. Das sang Bochums Barde Herbert Grönemeyer über die gesamte Stadt. Er mag auch die Kortumstraße gemeint haben und die Tatsache, dass sie in der Tat viele Gesichter hat, verbaut, erneuert, restauriert wurde. Gerade das macht sie aus. Wie auch die übrigen Stücke des kultigen 4630-Albums alle zur Straße zu passen scheinen. Egal ob Männer, Flugzeuge im Bauch, Alkohol und natürlich Mambo. Auch wenn die Stadt darauf verweist, 5000 Stellplätze zur Verfügung stellen zu können. Bisweilen dreht der Besucher, der zur Kortumstraße will, seine Runden. Es trommeln die Motoren. Es dröhnt in meinen Ohren. Ich finde keinen Parkplatz. Ich komm zu spät zu Dir, mein Schatz.
Täglich begehen, besuchen sie Tausende Bochumer und Besucher aus aller Herren Städten und Länder. Ungeklärt bleibt, ob es am Tag oder in der Dämmerung und Nacht mehr sind.
Die vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten nutzen alle Generationen. Dick und Dünn, Alt und Jung, Arm und Reich, Hippie oder hoffnungsvoller Jungunternehmer, Studierte und vor allem auch Studierende. Erst recht, nachdem die Uni in die Stadt gekommen ist. Sie folgt damit den Studenten, deren Treffpunkt ohnehin schon immer das Bermuda-Dreieck war und ist.
Hauptschlagader des Einzelhandels
Die Hauptschlagader des Bochumer Einzelhandels bietet viele bekannte Filialisten auf großen Flächen, wie den größten Markt eines Elektrohändlers im Ruhrgebiet im historischen Kortumhaus (Punkt 3 auf der Karte), Klamottenläden für alle Größen, Farben und Formen, natürlich eine übergroße Buchhandlung sowie im Einkaufszentrum Drehscheibe/City-Point (2) mehr als 70 weitere Geschäfte. Ich kauf’ mir was. Kaufen, kaufen – was ist egal. An der Kortumstraße ist es möglich. Es geht auch anders. Nicht nur am Ende/Anfang im Süden, wo das Kunstmuseum (1), ein Museum für zeitgenössische Kunst, zum Verweilen und Hingucken einlädt.
Kaffeepause am Klapptisch
Irgendwo in der breiten Mitte der Kortumstraße sitzen am Tag zumeist die Rentner. Gerne bei einer langen Tasse Kaffee am Klapptisch vor dem Röster ihrer Wahl. Sie erzählen dann davon, wie gut oder schlecht oder besser es früher war – auch hier an der Kortumstraße. Da wurde sie noch liebevoll Pennäler-Renne genannt. Und dass die Baustelle da in Richtung Bermuda-Dreieck ja schon so lange nervt und irgendwie zu einer ewigen Baustelle zu werden scheint. Was nicht stimmt und daher die Ladenbesitzer freut.
Tagsüber ist die Kortumstraße Einkaufstraße. Spätestens zum Sandmann und dem Ende der täglichen Arbeitszeit wird sie zum Erlebnisboulevard. Mit Einbruch der Dämmerung füllen sich dann mehr und die Bars, Lokale und Restaurants in der Nähe des Engelbertbrunnens (4). Man trifft sich ebenso zum Nach-der-Arbeit-Bier wie zum Ich-schreibe-morgen-eine-wichtige-Klausur-Bier. Ungezählt und unerwähnt die Menschen, die im Bermuda-Dreieck verschwanden.
Daten & Fakten
Statistik. Die Kortumstraße ist rund 1200 Meter lang und verfügt über mehr als hundert Hausnummern. Sie reicht von Wiemelhausen im Süden bis an den Stadtpark im Norden des alten Stadtkerns.
Personen. In der Kortumstraße leben insgesamt 529 Menschen, davon 249 weibliche. 45 davon sind Kinder unter 18 Jahre, darunter 31 Mädchen. 415 von ihnen sind Erwachsene im Alter zwischen 18 und 65 Jahre (davon 178 weibliche), 69 sind Senioren, die über 65 Jahre alt sind (davon 40 weibliche).
Gewerbe. In der Kortumstraße sind 382 Gewerbe angemeldet. Vom Akustiker über den Frühstückslieferservice und dem ersten veganen Supermarkt der Stadt bis hin zum Kino.
Nahverkehr. Die Kortumstraße ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut erreichbar, etwa über die Haltestelle „Bochum Rathaus“ der Linie U35, der Campuslinie.
Bezirk. Die Kortumstraße liegt im Stadtteil Gleisdreieck und gehört damit zum Stadtbezirk Bochum-Mitte.
Es gibt an ihr halt nicht nur verschiedenste Möglichkeiten, um sich nett zu unterhalten, seinen Hunger und auch seinen Durst zu stillen. Es gibt drei Kinos und auch bei ihnen Unterschiede in der Auswahl der Filme. Darunter mag dann bisweilen durchaus ein Reinfall sein.
Namensgeber war Bochums berühmtester Bürger
Benannt ist die Kortumstraße nach dem wohl berühmtesten Bochumer Bürger, dem Arzt, Wissenschaftler und Literaten Carl Arnold Kortum (1745-1824). Er hat jedoch die nach ihm benannte Straße gar nicht gekannt. Er konnte sie gar nicht kennen. Erst nach der Planung einer dritten Erweiterung des alten kortumzeitlichen Ackerbürgerstädtchens nach der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, mehr als 30 Jahre nach seinem Tod, wurde die Linienführung eines Großteils der heutigen Kortumstraße festgelegt.
Angelegt wurde die Kortumstraße in ihrer ursprünglichen Länge im Jahr 1884, genau 60 Jahre nach Kortums Tod. Sie verband die Bongardstraße mit der Brückstraße. In südlicher Richtung wurde 1929 als erste die 1869 angelegte Hochstraße zwischen Bongardstraße und Wilhelmsplatz (heute Husemannplatz) bzw. Wilhelmstraße (heute Huestraße) der ursprünglichen Kortumstraße angegliedert. Es folgten die Friedrichstraße, die den Wilhelmsplatz und den alten Standort des Graf-Engelbert-Brunnens (1910) verband.