Bochum. . Von 1970 bis 1990 prägte der SPD-Mann die Kulturstadt Bochum maßgeblich. In seiner Amtszeit gelang es ihm Peter Zadek, Claus Peymann und Frank-Patrick Steckel, als Intendanten für das Schauspielhaus zu verpflichten. Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz: „Als Stadt Bochum müssen wir ihm dankbar sein.“
Am Freitagabend ist Dr. Richard Erny in Querenburg im Alter von 86 Jahren verstorben. Er prägte die Kulturstadt Bochum in seiner Zeit als Kulturdezernent von 1970 bis 1990 maßgeblich. In seiner Amtszeit gelang es ihm mit Peter Zadek, Claus Peymann und Frank-Patrick Steckel, Intendanten für das Schauspielhaus zu verpflichten, die diese Bühne zu einem bundesweit führenden Haus machten. Auch die Aufstellung der Stahlskulptur „Terminal“ von Richard Serra 1979 wurde von ihm vorangetrieben.
Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz zeigte sich angesichts der Nachricht vom Ableben Ernys schwer erschüttert. Er habe stets „Zeichen gesetzt und mutige Wege beschritten“ und „wichtige und richtige Entscheidungen“ getroffen. „Als Stadt Bochum müssen wir ihm dankbar sein“, sagte Scholz, die mit ihm vor allem durch die Arbeit im Kuratorium der Sparkassenstiftung verbunden war.
Radikaler Bruch der Theaterästhetik
Stadtdirektor und Kulturdezernent Michael Townsend bescheinigte Erny eine „hohe, geistige und intellektuelle Unabhängigkeit“. Er selbst habe sich bisweilen gerne Rat geholt „bei einem außerordentlich sympathischen Mann“.
Richard Erny stammte aus Mannheim, wo der Germanist von 1957 bis 1964 die Volkshochschule leitete, dann bis 1970 auch das Kulturamt. „Kultur für alle“ hieß das progressive Motto der folgenden Ära, in er in Bochum mit Hilmar Hoffmann (in Frankfurt/Main) und Hermann Glaser (in Nürnberg) ein Trio bildete, das das bundesdeutsche Kulturprofil geprägt hat. In Bochum, zumeist im Gespann mit Fritz Bahlo, vor allem durch den radikalen Bruch der Theaterästhetik nach der Ära Hans Schalla (bis 1970) im Schauspielhaus.
Jeanshosen im Theater
Mit dem damaligen Außenseiter Peter Zadek zogen etwa auch Jeanshosen ins Theater ein. Fast noch größer der Coup, den in Stuttgart vertriebenen Peymann nach Bochum zu holen. Die Deutsche Bühne attestierte Erny daraufhin einst: „Mit seinen Intendanten gelang ihm in der Provinz kontinuierlich Welttheater.“ Dass er nach eigenen Worten am „Ärger Spaß“ hat – die FAZ nannte ihn einmal einen „Kulturprellbock“, sorgte für kulturelle Akzente, die die Bochumer auch mal verwunderte oder sogar in Rage brachten. Deren Weitsicht sich jedoch längst herausgeschält hat. Dazu gehört vor allem der Ankauf des „Terminals“ von Richard Serra, eine Skulptur, die heute zu den Jahrhundertwerken der internationalen Plastik gehört, und die ihm bei seinem Abschied aus dem Amt in Miniaturformat überreicht wurde.
Wie Tochter Nicola bestätigte, wählte der Hobby-Jäger, „ganz Herr seiner Entscheidung“, angesichts einer Erkrankung den Freitod.