Bochum. Zehn WAZ-Leser haben innerhalb der Serie „WAZ öffnet Pforten“ das Bochumer Polizeigewahrsam mit seinen 19 Zellen besucht. Es sei „das billigste Hotel der Stadt mit der schlechtesten Beurteilung im Internet“, sagte ein Polizeibeamter.

„Das ist das billigste Hotel der Stadt mit der schlechtesten Beurteilung im Internet.“ Das sagte Polizeioberkommissar Georg Schnettker zu den WAZ-Leserinnen und -Lesern, die sich einmal das Polizeigewahrsam anschauen konnten. Sie kamen natürlich völlig freiwillig und mit reinem Informationsinteresse.

Normalerweise kommen dort nur Leute rein, die entweder betrunken randaliert haben, im Rauschzustand sich selbst verletzten könnten oder denen Straftaten vorgeworfen werden - vom Ladendiebstahl bis hin zum Mord.

Wer nicht völlig abgezockt ist oder dort regelmäßig arbeitet, geht mit einer gewissen Beklemmung in diese abweisende Atmosphäre. Die Zellen verfügen zwar über eine Fußbodenheizung, wirken aber trotzdem so kalt wie ein leerer Eisschrank auf Stufe 6, und viel größer sind sie mit ihren sieben bis acht Quadratmetern auch nicht.

"Ich kann mir keinen Tag hier vorstellen"

Die Ausstattung ist höchst übersichtlich: Gummi-Matratze, Hock-WC, vergittertes und griffloses Fenster aus Panzerglas, Notrufknopf - das war’s. Ansonsten sieht der Insasse nur Kacheln. Die kann man gut abwaschen, wenn sich ein Betrunkener einnässt oder sich übergibt. Teilweise ist auch eine bruchsichere Kamera installiert. Damit wollen die Beamten von außen überprüfen, ob ein Insasse akute gesundheitliche Probleme hat oder sich in seiner Wut oder Verzweiflung über seine ausweglose Lage vorsätzlich etwas antun will. Viele Möglichkeiten hat er dazu nicht: Wenn er in dem „Hotel“ eincheckt, werden ihm Gürtel, Brille, Drogen und andere potenziell gefährliche Sachen abgenommen. Geld übrigens auch; das könnte als Beweismittel dienen. Und das Handy natürlich sowieso. „Ich kann mir keinen Tag hier vorstellen“, sagt der Polizeisprecher, der Erste Kriminalhauptkommissar Axel Pütter.

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Die WAZ-Leser schauen sich diese bedrückende Welt dort im Innenhof des Polizei an der Uhlandstraße mit großer Neugier an. Viel sprechen sie nicht, denn das, was die Polizisten ihnen vom Alltag dort erzählen, muss man erst einmal sacken lassen. Schnettker zum Beispiel erzählt, dass manche Insassen, wenn sie ausrasten, mit vier oder fünf Beamten gebändigt werden müssten. Oft würden Drogen diese Aggressionen befeuern.

Als die WAZ-Leser die Zellen inspizieren („Sauber haben sie es hier ja“, sagt eine Frau), ist nur eine belegt. Man sieht es an einem Paar zerschlissener Schuhe, das vor einer Tür steht. Jeder muss seine Schuhe vor der Zelle ausziehen - damit die Beamten, wenn sie die Tür öffnen, keinen beschuhten Tritt erhalten können. Offenbar gibt es da sehr hässliche Erfahrungen. Wegen der Gewalttätigkeit tragen die Beamten dort auch keine Waffen. Sollte sich einer der Insassen einer Pistole ermächtigen, wäre dies, so ein Polizist, „der Super-Gau“.

17 Zellen sind jeweils nur für eine Person bestimmt, zwei weitere aber für 25 bzw. 30 Leute. Meist müssen dort Fußballfans Platz nehmen. Aber es saßen auch schon 26 Chinesinnen dort, die „illegal“ auf dem Weg nach England waren.

Nach einer knappen Stunde sind die WAZ-Leser wieder draußen. Die Insassen sind natürlich viel länger dort. Aber spätestens am Ende des folgenden Tages werden auch sie dort wieder entlassen Dann geht es Richtung Heimat - oder ab in ein richtiges Gefängnis.