Bochum.
Die WAZ öffnet Pforten. Exklusiv werden unseren Lesern in den Sommerferien Türen geöffnet, die gemeinhin verschlossen sind, Einblicke gewährt, die Otto Normalverbraucher verwehrt bleiben, Erlebnisse vermittelt, die es nicht zu kaufen gibt. Alles ohne einen Cent Kosten, dafür mit hohem Aha-Faktor. Der war am Mittwoch besonders ausgeprägt. Mit dem Tiefbauamt ermöglichte die WAZ einen Gang in die Unterwelt.
Die ist weit verzweigt. 1200 Kilometer umfasst das Kanalnetz unter der Stadt. Der Großteil der Rohre hat einen Durchmesser von 30 bis 60 Zentimeter. Die XXL-Exemplare bringen es auf 3,40 Meter. Einstieg für die WAZ-Gruppe ist der Schacht am Bergbaumuseum. In Fünfergruppen, ausgestattet mit Schutzhelmen und Handschuhen, geht’s treppab.
Pegel steigt bei Unwetter dramatisch
Die Kühle unter Tage ist bei der Sommerhitze wohltuend. Der beißende Gestank der mäandernden Fäkalien weniger. Hier landet das Schmutzwasser aus weiten Teilen der Innenstadt, erklärt Sachgebietsleiter Frank Großklags im Schein einer Neonfunzeln, der ebenso trübe ist wie das Rinnsal unter uns. 0,5 Prozent beträgt das Gefälle. 15 Zentimeter misst der Pegel der Köttelbecke im Normalzustand – und kann binnen Minuten zur reißenden Flut anschwellen. So wie beim jüngsten Unwetter im Juni, bei dem Starkregen den Pegel auf dramatische 4,22 Meter ansteigen ließ. Zu viel für das Kanalnetz, das die Wassermassen nicht mehr schlucken konnte.
Am Mittwoch ist’s trocken. Der Blick ist frei u.a. auf den über 100 Jahre alten, von Hand gemauerten Kanalschacht, der bis heute zuverlässige Dienste leistet. Ob’s Ratten gibt, fragt eine Leserin. „Natürlich. Hier, unter der Innenstadt mit ihren zahlreichen Gastronomiebetrieben, sogar besonders viele“, antwortet Frank Großklags. Nachts klettern die Nager zur Nahrungssuche an die Oberfläche, bevor sie wieder in den Tiefen verschwinden.
Kanäle müssen regelmäßig per Hand gereinigt werden
Während eine Gruppe jeweils für 15 Minuten unter Tage ist, lassen sich die anderen WAZ-Leser den Saug- und Spülwagen, ein Fahrzeug für das Kanalfernauge und die Notdienstwagen erläutern. Trotz moderner Technik müssen die Kanäle auch regelmäßig per Hand gereinigt werden. Hunderte Meter waten die Mitarbeiter durch die Kloake. Ein Scheißjob, im wahrsten Sinne.
Vom Bergbaumuseum geht’s zum Regenrückhaltebecken auf der Schmechtingswiese. Hier ist zu besichtigen, was den Entwässerern immer wieder Probleme bereiten: Damenbinden. „Die gehören nicht ins Klo, sondern in den Müll!“, appelliert Abteilungsleiter Karl-Heinz Ahlbach. Die Damen in der WAZ-Gruppe haben das längst gewusst.
"WAZ öffnet Pforten"