Bochum. Sinkende Gewerbesteuereinnahmen ist eines der finanziellen Probleme, die Bochum zur Haushaltssperre zwingen. Der Vorschlag der “Initiative Industrie“, den Hebesatz zu senken und so attraktiver für Ansiedlungen zu werden, ist aus Sicht von Kämmerer Busch der falsche Weg.
Es sieht nicht gut aus für Bochums Finanzen. Dass Kämmerer Manfred Busch sich vor einigen Wochen gezwungen sah, eine Haushaltssperre auszusprechen, ist ein Rückschlag im Kampf um den bis 2022 angestrebten Haushaltsausgleich. Zu hohe Ausgaben, zu geringe Einnahmen, das ist Bochums Krux. Nun schlägt die „Initiative Industrie Mittleres Ruhrgebiet“ vor, eine Senkung der Gewerbesteuer könnte Abhilfe schaffen.
Die Vereinigung aus Industrie-Unternehmen der Region argumentiert: Löcher in der Stadtkasse über weitere Anhebungen der Gewerbesteuer zu schließen, sei zu kurz gedacht. Um attraktive Rahmenbedingungen für Neuansiedlungen – gerade auf der Opel-Fläche – zu schaffen, sei stattdessen der umgekehrte Weg richtig.
Theorie und dünne Hoffnung
„Uns ist klar, dass die Ausweitung der Opel-Fläche als Sonderwirtschaftszone mit geringeren Hebesätzen juristisch nicht machbar ist. Aber warum nicht während des gesamten Vermarktungszeitraums der Opel-Fläche über eine Herabsetzung der Hebesätze für alle Bochumer Unternehmen nachdenken?“, fragt Wilfried Neuhaus-Galladé, Vorsitzender der Initiative. „Am Ende wäre das Stadtsäckel sicher voller als heute.“
Negative Entwicklung
Etwa 145 Millionen Euro Gewerbesteuern hofft Bochum im laufenden Jahr einzunehmen. Das sieht der Haushalt vor. Momentan läuft es jedoch auf Einnahmen von lediglich 115 Millionen Euro heraus.
Auch für die nächsten Jahre befürchtet der Kämmerer einer Negativentwicklung. Die Prognose für 2015 geht von einem Rückgang in Höhe von 15,2 Millionen Euro, bis 2018 von insgesamt 24,2 Millionen Euro aus.
Kämmerer Manfred Busch sieht das anders: „Das ist doch blanke Theorie.“ Schon jetzt sage die städtische Steuerschätzung ein Minus der Gewerbesteuer für 2015 von 15,2 Millionen Euro voraus. Eine Senkung des Hebesatzes, so Busch, sei aus seiner Sicht nicht nur sachlich falsch. Auch der Gesetzgeber verlange ein anderes Handeln.
Er verweist auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Darin heißt es in Anlehnung an einen Entscheid des Oberverwaltungsgerichts, dass Kommunen, deren Haushalt nicht ausgeglichen ist, die Pflicht hätten, „alles zu unternehmen, um durch Zurückführung der Ausgaben und Erhöhen der Einnahmen dieses Ziel so schnell wie möglich zu erreichen. Die Annahme, die beschlossene Senkung der Realsteuerhebesätze werden wegen der damit bewirkten Steigerung der Attraktivität der Klägerin zu höheren Einnahmen führen, sei allenfalls eine Hoffnung, deren Grundlage tatsächlich dünn sei.“
"Wo soll das Geld herkommen?"
Dass der Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde grundsätzlich egal ist, wie der Ausgleich zustande kommt und demzufolge auch andere Maßnahmen als die von höheren Gewerbesteuern in Frage kommen, streitet Busch nicht ab. Er fragt aber: „Wo soll das Geld herkommen? Sollen wir das Schauspielhaus schließen, das brächte 17 Millionen Euro?“ Das würde kein Unternehmen ernsthaft fordern.
Im übrigen habe jeder seinen Teil zu tragen an dem Paket von 165 Millionen Euro, das im Rahmen des Haushaltssicherungskonzepts 2009 mit seinen 600 Einzelmaßnahmen erarbeitet wurde. Für die Unternehmen habe es durch die Erhöhung des Gewerbesteuersatzes von 450 auf 480 Prozentpunkte Mehrbelastungen von zehn Millionen Euro gebracht. Indes kommen nächstes Jahr weitere hinzu. Dann nämlich steigt der Hebesatz von 480 auf 495 Prozentpunkte. Bochum, derzeit im Gewerbesteuer-Ranking unter 396 Kommunen auf Platz 25, könnte damit in Richtung Top Ten rücken.
Genau in die andere Richtung müsse es aber gehen, sagt die Initiative Industrie. „Dieses Signal für die Zukunft des Produktionsstandortes Bochum würde sein Ziel nicht verfehlen“, sagt Industrie-Vertreter Neuhaus-Galladé.