Bochum. Ein Offstage-Programm mit hohem Spaßfaktor und zahlreichen Zaungästen: Bei den Kopfhörerpartys bei Bochum Total tanzen Gäste des Ullrich und des Zacher begeistert bis extatisch - ohne dass Musik zu hören wäre. Laut wird es nur, wenn alle anfangen, ihren Lieblingssong mitzugröhlen.

Immer wieder bleiben die Leute vor der Absperrung stehen, schauen den tanzenden Menschen zu, lachen, drehen Handyvideos oder sehen etwas verwirrt dem Treiben zu. Zugegeben, es sieht auf den ersten Blick schon seltsam aus, wenn alle wie wild tanzen, ohne das irgendeine Musik zu hören ist. Aber genau das ist der Clou bei der sogenannten Kopfhörerparty, die "Sound in Silence" im Ullrich als Offstage-Programm von Bochum Total an drei Tagen anbieten. Auch im Zacher gibt es traditionell "Was auf die Ohren."

"Das Tolle ist halt, dass keiner weiß, welche Musik wir hören. Es interessiert aber jeden, was wir hier machen", erklärt Charlotte Stollmann, die durch ihre Freundin Carlotta Zacharias zur Kopfhörerparty gekommen ist. Für beide sind "Sound in Silence"-Partys immer feste Termine. "Es macht einfach super viel Spaß, vor allem wenn richtig viele mitmachen." Und auch wenn es noch leerer ist am Anfang, haben die Beiden keine Probleme damit, die Vorbeigehenden zum Mittanzen zu animieren.

Tänzer können Musik aus zwei Kanälen auswählen

Das Prinzip der Kopfhörerparty ist recht simpel: Jeder, der mitmachen will, kann sich im Vorfeld einen Funk-Kopfhörer reservieren. Sobald die beiden DJs dann auflegen, gibt es zwei Kanäle zur Auswahl und natürlich die Möglichkeit, die Lautstärke so einzustellen, wie man es mag.

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Was die Musikauswahl angeht, so gibt es alles querbeet: "Die Leute wollen halt Party machen und mitsingen", sagt DJ René Rosenkranz, der unter dem Namen "DJ Rakete" auflegt. "Ich mach eher so die Charts- und Evergreens-Schiene und ab und zu mal nen Schlager." Sein Kollege Nils Sondermann bedient Fans rockigerer Songs.

Tanzen auf der Straße ist nicht mehr erlaubt

Damit auch genügend Platz zum Tanzen da ist, räumt das Team vom Ullrich vor Beginn innen die Stühle zur Seite, der Biergarten wird komplett leer geräumt. "Letztes Jahr hatten wir am Samstag mindestens 800 Leute hier, das war echt toll", erzählt Sylvie Buschmann, Chefin von "Sound in Silence."

Da reichte auch der Platz im Biergarten nicht mehr aus und die Leute nahmen kurzerhand tanzend die Straße in Beschlag. In diesem Jahr ist das jedoch keine Option mehr: "Das Ordnungsamt hat uns heute mitgeteilt, dass Tanzen auf der Straße zu gefährlich sei und unsere Gäste auf dem Gelände bleiben müssen." Der guten Laune sollte dies jedoch keinen Dämpfer verpassen. Rund 1000 Kopfhörer stehen für die Gäste bereit.

Silent Partys beim Bochum Total - Mitsingen erlaubt

Ist es als Außenstehender doch relativ schwierig, herauszufinden, welches Lied grad auf die Ohren geht, bekommt man mit Kopfhörern schnell raus, wer grade welchen Kanal hört. So entsteht eine gewisse Gruppendynamik, wenn grade ein guter Song läuft, wird einfach der Kanal gewechselt und alle gehen gemeinsam ab.

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Spätestens als bei "The Proclaimers" alle lauthals mitsingen - "I would walk five hundred miles" - wissen auch die Kopfhörerlosen, was gerade läuft. Beliebt ist, in solchen Momenten, den Kopfhörer von einem Ohr zu nehmen und den Gesängen der anderen zuzuhören.

Kopfhörer-Party - Jeder ist in seiner eigenen Welt

"Anfangs sind die meisten noch etwas schüchtern", sagt Sylvie Buschmann, "aber nach einiger Zeit, vergessen sie ihre Scheu und singen mit, gerne auch lauthals." Gerade Gruppen stacheln sich dabei gegenseitig an. "Sobald die Kopfhörer aufgesetzt sind, ist jeder in seiner eigenen Welt", bestätigt DJ Rakete. Und wenn erst einmal ein paar tanzen, kommen schnell weitere dazu. Auch habe das Prinzip "Silent Party" mittlerweile einen gewissen Kultfaktor. "Metallica hat sogar ein Silent Konzert gegeben. Das war ein genialer Anblick - die ganzen Metallfans mit Kopfhörern."

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Das Besondere an Kopfhörerpartys ist neben der fehlenden Musik die besondere Atmosphäre: "Es ist eine sehr positive Party und es gibt keine Reibereien", betont Veranstalterin Sylvie Buschmann. Die beiden Studentinnen Jana und Lilja können das nur bestätigen. "Es macht einfach riesigen Spaß, wenn die Leute fragen, was man grade hört und man ihnen den Kopfhörer hinhält. Alle sind einfach total entspannt und gut drauf."

Unterhaltungen sind bei der Silent Party problemlos möglich

Weiterer positiver Nebeneffekt - Unterhaltungen sind während der Party kein Problem. "Man muss sich nicht anbrüllen, sondern nimmt einfach kurz den Kopfhörer ab oder stellt ihn leise und kann ganz in Ruhe quatschen", sagt Lilja. Die beiden waren schon öfter im Ullrich und sind nach wie vor begeistert vom Prinzip. "Ein besonderer Andachtsmoment ist immer, wenn gegen Mitternacht Bochum von Herbert Grönemeyer gespielt wird. Dann liegen sich alle in den Armen und gröhlen aus tiefstem Herzen mit."

Eins macht diese andere Art der Party vor allem, Spaß. Sei es, dass Freunde vergessen ihre Kopfhörer aufzusetzen und einfach so mittanzen oder dass nachts um halb 3 alle lauthals Biene Maja singen. "Es ist einfach eine gute, dicke Party", findet auch Melanie Rosellen, Betriebsleiterin des Ullrich. Und eine, die scheinbar ein hohes Suchtpotential hat: "Fast alle, die zum ersten Mal dabei sind, sagen hinterher, dass sie wiederkommen."