Bochum. Auf den ersten Blick eine kuriose Reaktion der Bochumer Polizei: Eine Rentnerin wurde von einem offensichtlichen Betrüger angerufen und meldete dies prompt den Beamten. Doch die teilten nur mit, sie könnten dem Fall mangels Personal nicht nachgehen - zum Schutz des Opfers, wie sie nun klarstellen.

Man mag es kaum glauben: Da ruft eine Seniorin bei der Polizei an, sagt, sie könne einen Enkeltrickbetrüger quasi auf dem „Präsentierteller“ liefern, sie wolle nur eben den Termin für eine mögliche Verhaftung abstimmen und die Polizei sagt: Tut uns leid, dafür haben wir kein Personal.

Unglaublich, aber offensichtlich so geschehen am Mittwoch. Gegen 11 Uhr meldete sich die 87-jährige Rentnerin aus Hamme (sie will nicht mit Namen genannt werden) bei der Polizei. Sie habe gerade einen Anruf erhalten, habe schnell gemerkt, dass es ein „falscher Enkel“ war. „Er hat sich gemeldet mit: Hallo Oma. Da habe ich gefragt: Christoph? Als er sagte ja, wusste ich, dass es ein Betrüger ist. Ich habe keinen Enkel der Christoph heißt. Ich war aber auch gedanklich vorbereitet. In meiner Nachbarschaft gab es unlängst schon einen Versuch. Dieser Christoph wollte 35.000 Euro haben. Da habe ich ihm gesagt, dass ich die erst besorgen muss und dass er noch einmal anrufen soll.“

Die Zeit zwischen den Gesprächen mit dem „Enkel“ nutzte sie zum Austausch mit der Polizei. Die aber sagte, so die Seniorin, „dafür habe sie kein Personal. Da habe ich sogar Verständnis. Man hört ja oft, dass die Polizei personelle Probleme hat. Sie gaben mir aber den Hinweis, dem Täter zu sagen, dass ich die Polizei informiert habe. Das habe ich gemacht. Er hat dann sofort aufgelegt.“ Zur Vollendung der Tat kam es nicht.

"Jedem Fall nachzugehen, ist unmöglich"

Genau das war die Absicht sagt Axel Pütter, Leiter der Pressestelle der Polizei Bochum. „Wir haben die Aufgabe, die Opfer zu schützen. Wir dürfen nicht dafür sorgen, dass eine Seniorin in Gefahr gerät. Das aber hätte passieren können, wenn wir die Übergabe zugelassen hätten. Wir verzichten lieber auf einen Täter, bevor wir ein Opfer gefährden. Außerdem: Die Wahrscheinlichkeit, einen Täter auf frischer Tat zu schnappen, ist verschwindend gering.“ Was auch wiederum an der guten Organisation der Täter liegt.

Die treiben schon länger in Bochum und Herne ihr Unwesen auf einem sehr hohen „Niveau“. Die Polizei geht davon aus, dass Hunderte von älteren Mitbürgern von angeblichen Verwandten unter dem Vorwand angerufen worden sind, in einer finanziellen Notlage zu sein. „Wir haben im Raum Bochum, Witten, Herne“, sagt Pütter, „täglich bis zu zehn Anrufe. Jedem Fall nachzugehen, ist unmöglich. Wir versuchen, die Senioren umfassend zu informieren und zu warnen, haben auch mit den Geldinstituten gesprochen, darauf aufzupassen, wenn Senioren viel Geld abheben wollen.“