Bochum. . Ein Bochumer Tierarzt ist zu 60.000 Euro Schadensersatz verurteilt worden. Nach Überzeugung des Oberlandesgerichts Hamm hatte er den teuren Dressurhengst „grob fehlerhaft“ behandelt und operiert. Nachher lahmte das Pferd dauerhaft.
Früher war der Dressurhengst einmal ein Sportler der Spitzenklasse, später nur noch ein lahmes Pferd. Dafür muss jetzt ein Bochumer Tierarzt büßen. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat ihn zur Zahlung von 60.000 Euro Schadensersatz verurteilt, weil er das Pferd „grob fehlerhaft“ behandelt und die Eigentümer auch nicht ausreichend über die Risiken einer Operation aufgeklärt habe. Das entschied der 26. Zivilsenat, wie das OLG am Mittwoch mitteilte. Die Richter hoben damit ein erstinstanzliches Urteil des Bochumer Landgerichts auf; dieses hatte die Klage seinerzeit abgewiesen.
Es geht um einen 1995 geborenen Dressurhengst. Die Kläger, die Eigentümer, setzten ihn nach einer Ausbildung bis zur Grand-Prix-Reife im Turniersport ein. Gleichzeitig befand er sich jahrelang in der Behandlung einer tierärztlichen Klinik in Bochum, wo er von einem Tierarzt auch operiert wurde.
Dieser entfernte dabei im Jahr 2004 kleine Knorpel-Knochenfragmente im hinteren Bereich des Fesselgelenks. Nach diesen Eingriffen lahmte der Hengst allerdings dauerhaft und war als Dressurpferd nicht mehr zu gebrauchen. Die Eigentümer, ein Ehepaar aus Düsseldorf, verklagten daraufhin den Tierarzt auf 60.000 Euro. So viel soll das Pferd wert gewesen sein.
„Traumatisierung des Bandapparates“
Nach Befragung eines ärztlichen Gutachters hielten die Bochumer Richter einen Behandlungsfehler für nicht nachgewiesen. Das OLG entschied allerdings gänzlich anders. Nachdem die Hammer Richter den Gutachter erneut befragten, glauben sie sehr wohl, dass der Bochumer Tierarzt grobe Fehler gemacht habe.
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Er habe, so OLG-Sprecher Christian Nubbemeyer, „ohne ausreichende Notwendigkeit mit einem suboptimalen Zugangsweg operiert“. Die Behandlung habe „zu einer weiteren Traumatisierung des Bandapparates geführt“. Wegen der groben Fehlerhaftigkeit habe sich die Beweislast umgekehrt - und dabei habe der Tierarzt nicht nachweisen können, dass der Schaden erst durch das „hengsthafte“, das tierisch unberechenbare Verhalten eingetreten sei.
Eigentümer mittlerweile gestorben
Juristisch bemerkenswert ist auch eine Anmerkung der Richter zur Aufklärungspflicht. Zwar sei sie bei Tieren nicht mit der bei der Humanmedizin gebotenen ärztlichen Aufklärung vergleichbar, weil es nicht um das schützenswerte Selbstbestimmungsrecht des Patienten gehe.
Wohl aber müsse auch ein Tierarzt genug aufklären und beraten, wenn die Behandlung besonders risikoreich sei, eventuell kaum Erfolg verspreche und teuer sei. Eine solche Aufklärung sei hier aber ausgeblieben.
Der Zivilprozess hatte sich über viele Jahre erstreckt. Das Urteil aus Bochum stammt vom Oktober 2010. Das OLG entschied dreieinhalb Jahre später. Der Eigentümer des Hengstes ist mittlerweile gestorben, die Klägerin betrieb das Verfahren allein weiter.