Bochum. . Der Schlag traf Thomas Fritz im Urlaub. Als junger Mann, mit damals 28 Jahren, erlitt er beim Tauchen in Frankreich einen Schlaganfall. Ein Vierteljahrhundert später ist er noch immer von der Krankheit gezeichnet – will seinen Leidensgenossen im Rahmen eines Modellprojekts fortan aber dennoch zur Seite stehen.

Für jährlich 60.000 Menschen in NRW ändert sich das Leben binnen weniger, dramatischer Sekunden. Schlagartig. Eine Durchblutungsstörung im Gehirn verursacht einen Schlaganfall. Einseitige Lähmungen sowie Sprach- und Sehverlust zählen zu den Folgeschäden.

Zu den körperlichen Einschränkungen kommen psychische Probleme. „Viele Patienten fallen ins Bodenlose. Sie haben keinen Antrieb mehr, sich aktiv um ihre Gesundheit zu kümmern und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“, weiß Stefan Stricker, Referent der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.

Auch die Familien, die ihre Angehörigen jahrelang, oft bis zur Selbstaufgabe betreuen, seien irgendwann am Ende ihrer Kräfte. „Es droht die soziale Isolation“, warnt Prof. Dr. Kerstin Bilda, Leiterin des Fachbereichs Logopädie der Hochschule für Gesundheit (HSG).

Patienten und Angehörige können sich melden

Ehemalige Patienten, Angehörige oder Beschäftigte in Gesundheitsberufen: Die 20 Plätze für die neue Ausbildung zum ehrenamtlichen Schlaganfallhelfer sind bereits belegt. Weitere Lehrgänge sollen bis 2015 folgen.

Wer Bedarf für einen ehrenamtlichen Helfer hat, kann sich in der Hochschule für Gesundheit an der Universitätsstraße 105,
0234/777 27 610, melden.

www.schlaganfallhelfer.com

Antriebslose Patienten, überforderte Angehörige: Die Stiftung und die Bochumer Hochschule wollen für beide Entlastung schaffen. Mit 316.000 Euro fördert das NRW-Gesundheitsministerium ein gemeinsames Modellprojekt. Noch in diesem Monat beginnt die Ausbildung von ehrenamtlichen Schlaganfall-Helfern. Medizin, Sozialrecht, Reha, Selbsthilfe: Binnen elf Tagen werden 20 Frauen und Männer aus ganz NRW in Wiehl (Oberbergischer Kreis) auf ihre künftige Aufgabe vorbereitet.

Die wissenschaftliche Begleitung übernimmt die HSG. Ab Juni werden die Helfer dann wohnortnah bei Schlaganfallpatienten und ihren Familien eingesetzt. Ihre Mission: Die Menschen bei ihrem beschwerlichen Weg zurück ins Leben zu stärken, Behördengänge zu erledigen, Hilfsmittel zu beantragen, im Haushalt zu helfen, Kontakte zu Selbsthilfegruppen herzustellen oder schlicht: nur da zu sein.

Einer von 20 Pionieren

Thomas Fritz ist einer der 20 Pioniere. Nach dem Schlaganfall in Frankreich lag er drei Wochen im Koma. Als der Maschinenbaustudent im Bergmannsheil aufwachte, stand seine Schwester an seinem Bett – und blieb in den nächsten Jahren seine wichtigste Bezugsperson. „Mit ihr lernte ich das Laufen, Joggen, Radfahren. Sie hat mir meine Selbstständigkeit zurückgegeben“, sagt er.

Als einer der Ersten hat er sich für den Lehrgang angemeldet. Er weiß, was die Patienten fühlen und brauchen. Einst todkrank, wird der 52-Jährige nun selbst zum Helfer.