Bochum. . Ein 46-jähriger Mann aus Bochum-Riemke wurde im September bei einem Raubüberfall schwer verletzt. In einer Rechnung verlangt die Stadt nun 288 Euro für den Rettungstransport. In der Regel übernimmt die Krankenkasse die Kosten, bei dem Betroffenen gebe es allerdings Unstimmigkeiten, so Stadtsprecher Thomas Sprenger.

Die Nähte sind noch sichtbar: Vor fünf Monaten wurde Thomas Jansen bei einem Raubüberfall schwer verletzt. Der 46-Jährige musste vom Notarzt ins Krankenhaus gebracht werden. Jetzt lag eine Rechnung des Amtes für Finanzsteuerung in seinem Briefkasten. Der Arbeitslose soll 288 Euro für den Rettungstransport bezahlen. Die Stadt spricht von Unklarheiten bei der Krankenversicherung.

5. September 2013. Thomas Jansen hat Freunde besucht, ist nachts um 1.15 Uhr auf dem Heimweg zur Beisingstraße. Auf dem Riemker Markt erhält er von hinten plötzlich einen Tritt in die Kniekehlen. Er sackt zusammen, verliert den Halt, knallt mit dem Kopf auf den Asphalt. Der Räuber klaut ihm die Bauchtasche und flüchtet. Thomas Jansen ist minutenlang ohne Bewusstsein. Am Hinterkopf klafft eine vier Zentimeter lange Wunde.

Wunde am Hinterkopf

Passanten rufen die Polizei. Die Beamten alarmieren einen Rettungswagen, mit dem Jansen ins St.-Josef-Hospital gefahren wird. Die Wunde wird genäht. Um 3.30 Uhr kann er wieder nach Hause.

Bürgerfreundlich?

Die Stadt Bochum verpasst sich oft und gern das Siegel „bürgerfreundlich“. Thomas Jansen hat andere Erfahrungen gemacht.

Opfer eines Überfalls zu werden, ist schlimm. Dabei schwer verletzt zu werden, ein Albtraum. Fast ein halbes Jahr später die Rechnung für den – unzweifelhaft notwendigen – Rettungstransport aufgetischt zu bekommen, verstärkt das Leid, reißt alte seelische Wunden auf, führt auch in finanzielle Bedrängnis: 288 Euro sind für einen Arbeitslosen nur schwer zu stemmen.

Die Stadt verweist auf Unstimmigkeiten mit der Krankenkasse. Das ist nachvollziehbar. Doch warum werden diese Unstimmigkeiten nicht zunächst mit dem Bürger geklärt? Thomas Jansen bekräftigt glaubhaft, nie ein Schreiben, eine Bitte um Aufklärung erhalten zu haben. Die Gebührenforderung habe ihn kalt erwischt.

Gerade ein Raubopfer hat einen sensibleren, sorgsamen Umgang der Behörden verdient. Auch wenn es in Kürze zu einer einvernehmlichen Lösung kommen sollte: bürgerfreundlich geht anders. (Jürgen Stahl)

„Wochen später teilte mir die Staatsanwaltschaft mit, dass das Verfahren eingestellt ist. Spätestens da war der Fall für mich erledigt“, schildert der ehemalige Bogestra-Mitarbeiter, der derzeit erwerbslos ist. Umso erstaunter ist er, als er in der letzten Woche die Rechnung des Amtes für Finanzsteuerung in den Händen hält: „Gebühren Rettungstransport 280 Euro“ plus acht Euro Mahngebühr.

„Ich wusste erst gar nicht, worum es geht“, schildert der Riemker und fragt sich: „Kann und darf es sein, dass ich als Opfer eines Raubüberfalls meinen eigenen Rettungstransport bezahlen muss?“

„Im Prinzip nein“, antwortet Stadtsprecher Thomas Sprenger auf Anfrage. Zwar sei der Einsatz des Rettungsdienstes grundsätzlich gebührenpflichtig – unabhängig davon, warum er erfolgt ist. „In der Regel übernimmt aber die Krankenkasse die Kosten. Die Abrechnung erfolgt direkt zwischen Stadt und Kasse. Der Versicherte bekommt davon meist nichts mit.“

2013 die Krankenkasse gewechselt

So hätte es auch bei Thomas Jansen geschehen sollen. „Doch die Feuerwehr, die die Abrechnung erstellt, hat Probleme, Herrn Jansen einer Versicherung zuzuordnen. Bei der uns genannten Krankenkasse ist er nicht gemeldet.“ Jansen sei um Klärung gebeten worden (was der Leser vehement bestreitet). Jetzt sei die Mahnung erfolgt.

„2013 habe ich die Krankenkasse gewechselt“, bestätigt Jansen, der hofft, die Gebühren nicht berappen zu müssen. „Wir werden versuchen, das Problem zu lösen“, kündigt Thomas Sprenger an.