Bochum. . Böse Überraschung für eine frisch nach Bochum gezogene Familie: Für ihr ehemaliges, von Schimmel befallenem Haus sollen die A.'s fast 5000 Euro Stromkosten an den Anbieter “immergrün“ nachzahlen. Die festgestellte Kilowattstundenzahl ist allerdings unrealistisch, entspricht sie doch dem Verbrauch eines kleinen Gewerbebetriebes.

„Mit immergrün müssen Sie kein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie ausnahmsweise mal ein bisschen mehr verbrauchen“, beruhigt der Stromlieferant auf seiner Internetseite. Familie A.* ist sicher, keinesfalls „ein bisschen mehr“ verbraucht zu haben. Dennoch sollen die Neu-Bochumer nachzahlen: fast 5000 Euro.

Thomas A. (37) und Ehefrau Nadine (34) hatten den Jahreswechsel herbeigesehnt. Denn 2013 war ein schlimmes Jahr. In Holzwickede lebten sie mit den drei Kindern in einem angemieteten Einfamilienhaus. „Bald trat massiv Schimmel auf. Wir hatten Angst um die Gesundheit unserer Kinder“, berichtet der Lehrer. Im Herbst 2013 zog die Familie um. An der Oberstraße in Langendreer haben die Fünf ein neues Zuhause gefunden.

Forderung von immergrün ist unrealistisch

Dort traf ausgerechnet Heiligabend Post von „immergrün“ ein. In Holzwickede hatte Familie A. den Wasserkraft-Strom der Almado AG bezogen. „Das Haus wird mit Strom beheizt. Deshalb haben wir einen Jahresverbrauch von 12.000 kWh und Kosten von 2900 Euro zugrunde gelegt und Monatsabschläge von 262 Euro vereinbart“, sagt der Familienvater.

Umso fassungsloser macht ihn die Schlussabrechnung. Zwischen November 2012 und September 2013 sollte Familie A. 30.595 kWh Strom verbraucht haben. Abzüglich der Monatsabschläge macht der Versorger eine Rückzahlung von 4924,95 Euro geltend.

Beratung für 5 Euro, Zähler-Check für 100 Euro

5 Euro: Soviel kostet eine Energierechtsberatung, zu der die Verbraucherzentrale NRW Thomas A. dringend rät. „Almado ist bekannt als eine der größten Beschwerdefirmen“, erklärt Sprecherin Gerhild Loer.

Jeder Kunde kann eine Überprüfung seines Zählers (16 Jahre Grundeichung) beauftragen. Dafür verlangen die Stadtwerke
100 Euro. Stellt sich heraus, dass der Zähler defekt ist, muss der Kunde nichts zahlen.

Noch Heiligabend schickte Thomas A. eine Rückmail an „immergrün“. Die Zählerstände seien korrekt: „Ich habe sie ja selbst abgelesen und übermittelt.“ Der Verbrauch jedoch sei „unrealistisch“. Als Beleg führt er die Vormieter an, die zwischen 12.000 und 14.000 kWh verbraucht hätten. Antwort von „immergrün“: eine Mahnung.

Kleiner Gewerbebetrieb verbraucht ebenso viel

Kein Rechenfehler, keine Uralt-Stromschlucker: „Die einzige Erklärung ist ein Defekt am Zähler“, mutmaßt Thomas A., der eine Überprüfung durch RWE in Auftrag gegeben hat. Stadtwerke-Sprecher Kai Krischnak macht ihm wenig Hoffnung. Zwar seien die 30 595 kWh selbst mit Nachtspeicherheizung „sehr unwahrscheinlich. Sie entsprechen dem Verbrauch eines kleinen Gewerbebetriebes“. Schäden an Zähler seien aber höchst selten. Krischnak: „Im Laufe eines Jahres liegt das bei unseren 190.000 Kunden im einstelligen Bereich.“

Thomas A. hat „immergrün“ bis zu einer Klärung um Stundung gebeten: „Durch den Umzug und die neuen Möbel, die durch den Schimmel nötig wurden, haben wir keinerlei Rücklagen mehr.“ Das Unternehmen hat bisher nicht reagiert. Auch eine Anfrage der WAZ am Montag blieb ohne Antwort.

*Name der Redaktion bekannt