Bochum. . Die Arbeitsagentur Bochum wirft der Rentnerin Ursula Scheere vor, zu Unrecht für ihren Enkel Kindergeld kassiert zu haben. Auch die Familienkasse fordert ihr Geld zurück. Die Bochumerin legte beide Male Einspruch ein. Beide wurden abgewiesen. Nun zahlt sie ihre Schulden in zehn-Euro-Raten ab.

550 Euro Rente bezieht Ursula Scheere als ehemalige Industrienäherin und Verkäuferin. „20 Euro weniger tun da richtig weh“, weiß die Wernerin und blickt missmutig auf die Bescheide der Familienkasse der Arbeitsagentur. Die Behörde wirft ihr vor, für ihren Enkel zu Unrecht Kindergeld kassiert zu haben. In zweimal 10-Euro-Raten stottert sie ihre Schulden ab.

Ursula Scheere hat sich zeit ihres Lebens um ihren Enkel gekümmert: 1991 in ihrer Heimatstadt Eberswalde, als ihre Schwiegertochter kurz nach Christians Geburt „stiften ging“, wie sie sagt. Nach dem Umzug nach Welzow, ebenfalls in Brandenburg. Seit dreieinhalb Jahren in Werne, wo Ursula Scheere mit ihrem Partner Peter Kalina (55) ein neues Zuhause gefunden hat.

„In Bochum fingen die Probleme an“

„In Bochum fingen die Probleme an“, schildert die Rentnerin. An der Heinrich-Gustav-Straße bezieht Christian (damals 18) im Mai 2010 seine erste eigene Wohnung. „Das habe ich im Kindergeldantrag im Juni ordnungsgemäß angegeben“, beteuert die Oma. Im Oktober freut sie sich über den Bescheid der Familienkasse: Rückwirkend ab Juni werden 184 Euro „Kindergeld für Kinder ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz“ festgesetzt.

Ein halbes Jahr später das böse Erwachen. Die Auszahlung wird gestoppt. Ursula Scheere soll das Kindergeld der letzten fünf Monate zurückzahlen: insgesamt 920 Euro. Grund: „Das genannte Kind war ab dem 1. Juni nicht mehr in Ihrem Haushalt aufgenommen.“

Monatliche 10-Euro-Raten

Es kommt noch dicker: Auch die Familienkasse in Welzow fordert nun Geld zurück. Vier Monatsbeiträge (552 Euro) für 2010 soll die Oma erstatten, weil ihr arbeitsloser Enkel sich in dieser Zeit nicht ernsthaft um eine Lehre oder einen Job gekümmert habe.

Arbeitsagentur spricht von „unglücklichem“ Fall

Als „unglücklich“ wertet die Arbeitsagentur die Forderung gegen Ursula Scheere. „Es ist nicht im Sinne der Familienkasse, dass eine Großmutter und Rentnerin zur Rückzahlung von Kindergeld verpflichtet wird“, so Sprecherin Anja Greiter.

Der Behörde bleibe aber keine Wahl. Die Leistungen seien widerrechtlich gezahlt worden. Ursula Scheere sei Antragstellerin und Anspruchsberechtigte gewesen. Dabei sei es ohne Belang, dass das Geld auf das Konto des Enkels überwiesen wurde.

Ursula Scheele legte gegen beide Bescheide Einspruch ein. Beide wurden abgewiesen. „Wohl oder übel“ begleicht sie die Forderungen seit zwei Jahren mit monatlichen 10-Euro-Überweisungen. Mehr gibt die schmale Rente nicht her. Ihr Partner kann ihr als Hartz-IV-Empfänger kaum beistehen.

Die WAZ-Leserin ist wütend auf die Familienkasse. „Das Amt prüft, genehmigt, setzt fest – um hinterher zu behaupten, das Geld stehe einem nicht zu. Das muss man doch schon bei der Bearbeitung wissen.“ Und warum, fragt sie, müsse eigentlich sie als Großmutter die Schulden abstottern, obwohl das Kindergeld zuletzt doch immer auf das Konto das Enkels überwiesen worden sei?

Ursula Scheere muss noch einige Jahre weiterzahlen. Besonders bitter: Zu ihrem Enkel hat sie seit Monaten keinen Kontakt. „Der war schon lange nicht mehr hier.“