Bochum. Der US-Amerikaner Tom King wurde eigens engagiert, um die Max-Bahr-Filiale an der Kohlenstraße leer zu verkaufen. Die Mitarbeiter fürchten den Abverkauf, aggressive Kunden und wundern sich, dass über sie kaum berichtet wird. Für sie wurde eine Transfergesellschaft gegründet.

Tom King, ein braun gebrannter US-Amerikaner Mitte 50, hat einen Auftrag, seit er aus Boston nach Bochum eingeflogen wurde: Er hat gut drei Monate Zeit, jeden Artikel eines Baumarkts zu verkaufen. Knapp zwei Wochen sind vorbei, Ende Januar soll die einstige Praktiker- und heutige Max-Bahr-Filiale an der Kohlenstraße leer sein. Nur reden möchte er darüber nicht.

Wer Tom King als Journalist anruft, dem lässt er ausrichten: „No press, no press“ – keine Presse. Geschäftliches will er auch nicht kommentieren, wenn man ihn im Baumarkt aufsucht. Dort schlurft er in beiger Hose und blauem Hemd durch die Gänge, blickt über den Rand seiner Brille und kontrolliert Rabattschilder und die Ausrichtung der Ware. Überall im Laden hängen zahllose solcher Schilder: Außenpflanzen 50 Prozent Rabatt, Gartenwerkzeuge 30 Prozent, die Duschsäule „Rain“ und die Zweigriff-Spülenarmatur „Sydney“ 20 Prozent, Zementmörtel und Profilholz zehn Prozent. In den Gängen stehen Aufsteller, die den Grund für die Rabatte verraten: Wir schließen diese Filiale. Alles muss raus.

Laden soll „besenrein verkauft“ werden

Praktiker hatte im Frühjahr Insolvenz angemeldet. Mehr als 50 Märkte des Unternehmens, auch der an der Kohlenstraße, sollten unter der Marke Max Bahr weitergeführt werden. Auch diese Firma meldete dann Insolvenz an. Deswegen ist Tom King in Bochum. Er soll das zu Geld machen, was noch da ist, möglichst schnell. Seine Firma, die Gordon Brothers, agiert weltweit, hat ein Büro in Köln und wirbt auf ihrer Homepage mit der Aussage: „We Deal in Change. We Deliver with Capital.“ – frei übersetzt: Wir handeln im Wandel. Wir liefern frisches Kapital.

Zwei Mitarbeiter schätzen die Zahl der unterschiedlichen Produkte im Baumarkt fünfstellig. „Leer verkaufen“, sagt einer, „heißt den Laden besenrein verkaufen.“

Tom King schlurft derweil weiter durch den Laden und erklärt zwei Mitarbeiterinnen, die kaum ein Wort englisch sprechen, ohne ein Wort deutsch zu sprechen, dass aus den Zehn-Prozent-Schildern für Lampen und Sanitärartikel 20- und 30-Prozent-Schilder werden sollen. Wöchentlich werden die Rabatte nun bis Ende Januar erhöht.

Steigende Rabatte bis Januar

Die Mitarbeiter fürchten die steigenden Rabatte: „Das Schlimmste wird sein, wenn die Kunden noch nicht die Prozente kriegen, die sie sich wünschen. Dann wird auf uns geschimpft“, sagt eine Mitarbeiterin, die schon den Abverkauf nach der Praktiker-Insolvenz erlebt hat.

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„Das ist ein tolles Präsent vor Weihnachten den eigenen Arbeitsplatz abzuverkaufen“, sagt ein Mitarbeiter, der sich mit einem Kollegen eine Frage stellt: Warum wurde über die Schlecker-Angestellten ausgiebig berichtet, als die Drogeriemarktkette insolvent ging und „wir werden totgeschwiegen“?

Holger Voskuhl, der Pressesprecher des Insolvenzverwalters, erklärt die ablehnende Haltung Medien gegenüber damit, die Mitarbeiter schützen zu wollen. Vielleicht soll auch einfach nur der Abverkauf professionell und in aller Ruhe geregelt werden.