Bochum. . „Ich fühlte mich erniedrigt und beschämt.“ Renate Jansen (Name geändert) kommen die Tränen, wenn sie vom vergangenen Freitag erzählt. Zwei Mitarbeiter des Einwohnermeldeamtes baten um Zutritt zu ihrer Wohnung, schauten sich auch im Schlafzimmer und Bad um: „Und das nur, weil ich einen Reisepass beantragt hatte.“
Vor einem halben Jahr war die Rentnerin aus Hiltrop in die Wohnung ihres Lebensgefährten (82) am Westring gezogen. „Im Januar habe ich mich im Rathaus umgemeldet“, schildert Renate Jansen und zeigt den entsprechenden Aufkleber auf ihrem Personalausweis.
Im November macht das Paar Urlaub in Tunesien. Deshalb marschierte die 71-Jährige am Freitag ins Bürgerbüro Mitte, um einen Reisepass zu beantragen. „Aber der Sachbearbeiter sagte, dass ich nicht am Westring gemeldet sei. Ich solle beim Vermieter ein Formular ausfüllen und wiederkommen.“
„Überprüfung war erforderlich“
Die VBW jedoch habe sie zurück ans Rathaus verwiesen. Warum, ist nicht geklärt. Was folgte, ist unstrittig. Renate Jansen: „Der Sachbearbeiter erklärte, dass er sich nun persönlich davon überzeugen müsse, dass ich unter der angegebenen Adresse wohne. Weil der Westring gleich um die Ecke liegt, hat er sich einen Auszubildenden geschnappt und mich gebeten, die Wohnung sofort in Augenschein zu nehmen. Zusammen gingen wir los.“
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Es sei ihr von Anfang an unangenehm gewesen, Fremde in die Wohnung zu lassen. „Aber was sollte ich machen? Ich brauche doch den Pass!“ So habe sie ihr Einverständnis gegeben und mit ansehen müssen, wie die Mitarbeiter ihre Bleibe inspizierten. „Im Schlafzimmer sollte ich den Kleiderschrank öffnen. Zum Glück liegt meine Unterwäsche woanders. Im Bad ging es offenbar um Hygieneartikel. Ich war wütend. Es war mir peinlich. Das ist meine Privat- und Intimsphäre. Darf die Stadt so etwas?“
„Akt der Bürgerfreundlichkeit“
„Ja“, antwortet Sprecherin Barbara Gottschlich und bewertet den Vorgang als „Akt der Bürgerfreundlichkeit“. Bei der Beantragung sei bei Renate Jansen ein „ungeklärtes Meldeverhältnis“ festgestellt worden. Bei der Ummeldung müsse seinerzeit irgendetwas schief gegangen sein. Die Überprüfung der Wohnung sei daher melderechtlich erforderlich gewesen. Mit dem Hausbesuch habe die Behörde der Bürgerin helfen wollen, den Reisepass trotz fehlender Ummeldung und Bescheinigung des Vermieters zu beantragen: „unbürokratisch und schnell.“ Ausdrücklich sei der Zutritt zur Wohnung mit Zustimmung der Mieterin erfolgt. „Dass sich die Dame unwohl gefühlt hat, kann ich allerdings verstehen.“
Der Hausbesuch immerhin scheint überzeugend gewesen zu sein. Am 9. Oktober um 9.50 Uhr, teilt das Einwohnermeldeamt mit, kann sich Renate Jansen ihren Reisepass im Bürgerbüro abholen.