Bochum. . 12.000 Menschen haben nach Angaben der Veranstalter am Samstag in Bochum für soziale Gerechtigkeit und einen Umbau des Steuersystems demonstriert. Wie parallel in Berlin hatte das bundesweite Bündnis „Umfairteilen“ zu der Großkundgebung aufgerufen.
Von attac bis zur Arbeiterwohlfahrt, vom Bundesverband der Migrantinnen bis zur Katholischen Arbeitnehmerbewegung, von der DGB-Jugend bis zum Sozialverband Deutschland: Um die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich anzuprangern und Druck auf die Politik aufzubauen, haben die unterschiedlichsten Verbände, Initiativen und Gruppen das Bündnis im vergangenen Jahr geschmiedet.
Im September 2012 und im vergangenen April kam es zu ersten regionalen Demonstrationen in Bochum. Am Samstag reisten Aktivisten aus ganz NRW und benachbarten Bundesländern an, um eine Woche vor der Bundestagswahl „ein weithin sicht- und hörbares Zeichen zu setzen. Das ist uns trotz des schlechten Wetters gelungen“, so der Sprecher des Bochumer Bündnisses für Arbeit und Gerichtigkeit, Jochen Marquardt (DGB Ruhr Mark).
Drei Sternmärsche zum Bergbaumuseum
In drei Sternmärschen vom Hauptbahnhof, Schauspiel- und Jahrhunderthaus marschierten die Demonstranten am Mittag zur zentralen Kundgebung auf der Wiese vor dem Bergbaumuseum. Kabarettist Wilfried Schmickler und Verdi-Vorsitzender Frank Bsirske zählten ebenso zu den Rednern wie Dr. Ulrich Schneider. Der Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes wartete mit den Ergebnissen einer aktuellen Infratest-Umfrage auf.
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Danach wissen 30 Prozent der Deutschen noch nicht, wo sie am 22. September ihr Kreuz machen. „Drei Viertel der Unentschlossenen sind aber der festen Überzeugung, dass Deutschland eine gerechtere Steuer- und Sozialpolitik braucht.“ Das gebe ungeachtet der aktuellen Prognosen Mut und Zuversicht für den Wahlsonntag, so Schneider und Bsirske. Ein Ziel, so Schneider, habe das Bündnis bereits erreicht: „Die Sozial- und Steuerpolitik ist zentrales Wahlkampfthema geworden.“
"Ich bin arm trotz Arbeit"
„Gut so!“, meinte Peter Liberski (45), der mit Verdi-Fahne den Rednern am Europaplatz zuhörte. Als Leiharbeiter arbeitet der Recklinghauser bei einer Metallbaufirma.. „980 Euro im Monat“, sagt der 41-Jährige, „bleiben netto übrig. Zu wenig, um meine Familie über die Runden zu bringen. Ich maloche. Aber ich bin arm trotz Arbeit. Dagegen muss man sich doch wehren!“
Prekäre Arbeitsverhältnisse, Pflegenotstand, „zerbröselnde“ Infrastruktur, leere öffentliche Kassen: Die jahrelange, schamlose Umverteilung müsse ein Ende haben; die soziale Schieflage sei „unerträglich“; die Vermögenskonzentration sei „nicht nur ungerecht, sie ist obszön“, empörten sich die Demonstranten, die Deutschland im Wortsinne ein Armuts-Zeugnis ausstellten. Zu Rock- und Rapklängen ging es auf dem Europaplatz gleichwohl fröhlich und bunt zu. „Geld singt nicht“, prangte auf einem der vielen Transparente.
Die Polizei lobt die Organisatoren und Teilnehmer. Sprecher Guido Meng: „Alles ist ruhig und friedlich. Die Sternmärsche wurden ausgezeichnet geplant und durchgeführt.“ Es kam lediglich zu einem Zwischenfall: Ein Mann hielt ein islamfeindliches Transparent in die Höhe und wurde von Polizeibeamten vom Platz geleitet.
In Geduld mussten sich derweil Tausende Autofahrer üben. 80 Sperrstellen wurden eingerichtet. Während der Protestmärsche blieben weite Teile der Innenstadt und die Zufahrtsstraßen dicht. Es bildeten sich Staus.