Bochum. . Anna Herkt macht ihr Hobby zum Beruf. Die 19-jährige Urbanatix-Teilnehmerin geht zur renommiertesten Artisten-Schule Europas nach Brüssel.
Einen Fuß im Stehen über dem Kopf zu halten gehört zu ihren leichteren Übungen. Anna Herkt, seit 2010 Street-Artistin beim Bochumer Urbanatix-Projekt, macht aus ihrem Hobby jetzt einen Beruf. Die 19-jährige Hernerin geht ab Montag zur renommiertesten Artistenschule Europas in Brüssel.
Die Abiturientin, Durchschnittsnote 1,8; Leistungskurse Englisch und Pädagogik nebst „besonderer Lernleistung“ Artistik, hat ihr Leben lang geturnt, kam dann beim Bochumer Street-Art-Projekt in Kontakt mit Profi-Artisten. Die ermutigten sie die Artisten-Laufbahn einzuschlagen. Anna informierte sich, schaute sich mit ihren Eltern Schulen in Paris und Brüssel an. Dann ging sie in diesem Jahr zu den so genannten „Auditions“, meist einwöchige Aufnahmeprüfungen.
Alle Schulen wollten Anna
In Paris nahm sie auch an jener der Zirkusschule von Montreal teil, Keimzelle des weltberühmten Cirque de Soleil. Aus über weltweit über 600 Bewerbern bekam Anna aus Herne den Zuschlag. Aber auch die Akademien in Paris, Brüssel und Tilburg wollten sie haben. „Familienmensch“ Anna entschied sich aber für Europas Primus. „Ich lerne da Artistik, Theaterspielen, Musikmachen, modernen Tanz, klassisches Ballett und Französisch - also alles was ich machen will“, zeigt sich Anna begeistert.
Die 15 Punkte („Sehr gut plus“) im Abizeugnis im Fach Französisch sollten ihr in Belgiens Hauptstadt auch gut weiterhelfen. Eine WG hat sie schon gefunden, ihre Mitbewohner kommen aus Finnland, Kambodscha und Schweden und sind auch Artisten. Sie ist die einzige Deutsche im Jahrgang und bildet fortan mit zwei schwedischen Muskeljungmännern ein Trio, das sich, instruiert von einem „sehr strengen“ ukrainischen Trainer, auf „Hand auf Hand“-Akrobatik spezialisiert. Die junge Frau wird dabei von den Schwerathleten hochgewirbelt und geschleudert, macht Salti und Schrauben in der Luft.
Gut versichert
Die Abhängigkeit von ihrem Körper und das Verletzungsrisiko reflektiert Anna schon: „Studieren kann ich immer noch, will ich auch, aber auch eine Zukunft als Regisseurin, Choreographin, Schriftstellerin oder Ausbilderin kann ich mir jederzeit vorstellen. Außerdem hat mein Papa jede Menge Versicherungen abgeschlossen.“
Mit einem Missverständnis hat Anna aber zu kämpfen: Viele halten die Artistik immer noch für eine Art Zirkus. „Das ist aber viel moderner und umfassender“, sagt sie. Dennoch: das bunte Völkchen, dessen Offenheit und Zusammenhalt die 19-jährige so sehr liebt, erinnert schon an das fahrende Zirkusleben. Vielleicht kehrt Anna ja bald als Star zu Urbanatix zurück.