Bochum. . Die Bochumer Staatsanwaltschaft ermittelt immer öfter gegen Ärzte und Pflegekräfte. Die Anzahl der Verfahren ist deutlich gestiegen. Grund: Patienten und Angehörige haben immer weniger Scheu, die Behandlungen durch Ärzte kritisch zu hinterfragen, meint die Staatsanwaltschaft.

Die Staatsanwaltschaft Bochum leitet immer mehr Ermittlungsverfahren gegen Ärzte und Pflegekräfte wegen mutmaßlicher Kunstfehler oder Pflegemängel ein. „Die Bereitschaft der Patienten und auch Angehörigen, den Gang der medizinischen Behandlung zu hinterfragen, hat erheblich zugenommen“, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Dörsch am Montag auf WAZ-Anfrage. „Ebenso nimmt die Scheu vor einer offenen Kritik ärztlicher oder pflegerischer Maßnahmen spürbar ab.“

Von 2009 bis 2012 ist die Zahl der Verfahren im Landgerichtsbezirk (auch Witten, Herne und Teile des Kreises Recklinghausen) kontinuierlich von 232 auf 283 angestiegen.

Oberstaatsanwalt Wolfgang Dörsch.
Oberstaatsanwalt Wolfgang Dörsch. © WAZ

Dörsch ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung und fahrlässigen Tötung. Als er sein Dezernat 1995 übernahm, musste er etwa einmal im Monat eine Leichenöffnung veranlassen, um die Frage eines Behandlungsfehlers zu klären. Heute passiere dies „bis zu viermal in der Woche“.

Keine Hinweise auf verfestigte medizinische Unsauberkeiten

Dörsch erklärt den Anstieg der Fälle damit, dass sich die Patienten bzw. Angehörigen heute, zum Beispiel im Internet, immer besser über medizinische Sachverhalte informieren können. Auch regelmäßige Medienberichte über hohe Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlungen spielten eine Rolle. Auf der anderen Seite sei „die Bereitschaft vieler Ärzte, gerade in Krankenhäusern, dem medizinischen Laien die Probleme der konkreten Behandlungssituation nachvollziehbar darzustellen, längst nicht in dem gleichen Maße gewachsen“, sagte Dörsch.

Werden Behandlungsfehler festgestellt, so gibt es in aller Regel aber keine Hinweise darauf, dass ihnen verfestigte medizinische Unsauberkeiten zugrundeliegen, erklärte Dörsch. Es gehe zumeist um medizinisch komplizierte, nicht alltägliche Fallgestaltungen, in denen, oft auch unter Zeitdruck, falsch reagiert worden sei. Die Auferlegung zum Teil hoher Geldauflagen reiche dann „zur angemessenen Ahndung“ meist aus. Zu Anklagen käme es nur in Einzelfällen.