Bochum. . 2600 pflegebedürftige Bochumer werden daheim betreut. Sie und ihre Angehörigen müssen sich offenbar große Sorgen machen. „Die ambulante Pflege wird zum Pflegefall!“, warnten 300 Beschäftigte heimischer Pflegedienste am Donnerstag bei einer Protestaktion vor dem Rathaus.

44 ambulante Pflegedienste sind in unserer Stadt tätig. Deren rund 1700 Mitarbeiter (meist Frauen in Teilzeit) stehen „unter einem enormen Zeitdruck“, beklagten Vertreter von Wohlfahrtsverbänden und privaten Pflegediensten. Binnen vier Stunden müssten 16 Patienten betreut werden – inklusive der Anfahrtswege. „Das ist Pflege im Minutentakt, die den Bedürfnissen der Patienten nicht gerecht wird“, erklärte Astrid Platzmann-Scholten, Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Auch Sozialdezernentin Britta Anger und Sozialamtsleiter Heide Ott stellten sich hinter das Motto „Hilfe! Mehr Zeit für die Pflege!“ Schaden nähmen nicht nur die pflegebedürftigen Senioren, sondern auch die Beschäftigten, die dem Druck und der Arbeitsbelastung immer häufiger nicht standhalten, krank werden und aus dem Beruf aussteigen müssen. „Das Berufsbild hat einen unfassbaren Qualitätsverlust erlitten“, so Astrid Platzmann-Scholten. „Alle wollen daheim alt werden. Deshalb gilt der Grundsatz: ambulant vor stationär. Wenn das ernst gemeint ist, müssen die Krankenkassen für die Versorgung aber ausreichend Geld bereitstellen.“

Eine „dramatische Unterfinanzierung“ erkennt auch Caritas-Direktor Ulrich Kemner. „Wir fordern von den Krankenkasse eine verbesserte Vergütung der Pflegeleistungen – auch, damit die Träger gerechte Löhne für qualifizierte Pflege zahlen können.“

Kasse: Genug Geld zu verdienen

Dietrich Hilje, Sprecher der BKK vor Ort (800 000 Versicherte) mit Sitz in Bochum, äußert zwar „Verständnis für Pflegekräfte, die sich überfordert fühlen“. Bei den Demonstrationen den Kranken- und Pflegekassen den Schwarzen Peter zuzuschieben, sei jedoch verfehlt. „Ansprechpartner sind die Arbeitgeber bzw. deren Verbände, die die Pflegesätze mit den Kassen festlegen.“ Allzu niedrig könnten diese Sätze nicht sein. „Sonst hätte in NRW die Zahl der Pflegedienste nicht stetig zugenommen. Offenbar ist in der Branche noch immer genug Geld zu verdienen.“