Bochum. Kaum Eltern in Bochum engagieren sich für die preisgekrönte Schulweg-Initiative. Doch in Langendreer und Leithe laufen die Walking-Busse weiter. Das Schulweg-Modell aus England stärkt Verkehrssicherheit, Verantwortungsgefühl und Fitness der Grundschulkinder
Filip ist sieben Jahre alt und besucht die Gemeinschaftsgrundschule Am Neggenborn. Den Schulweg geht er zu Fuß. „Es sind 800 Meter“, weiß der Zweitklässler und verweist auch auf den Rückweg. Fast täglich läuft Filip also 1600 Meter.
Seine Mutter Martina Henkel (38) startete in 2007 das Projekt „Walking Bus“. Ursprünglich stammt die Idee aus England. Noch im vergangenen Januar erhielt die Initiative, die es außerdem an der Grundschule in Wattenscheid-Leithe gibt, den Nachhaltigkeitspreis der Stadt Bochum 2012.
Als einzige Linie übriggeblieben
Filip steht mit Martina Henkel an der Walking-Bus-Haltestelle, Ecke Eschstraße/Westerheide. Seine Mutter trägt eine neongelbe Sicherheitsweste. Das Haltestellenschild, eine Gabe der Verkehrswacht Bochum, zeigt einen Bus mit Beinen, von Kinderhand gemalt. Hier starten Martina und Filip.
An der Haltestelle Im Stengelken stoßen Silas (7), Fabio (8) und Stephan (7) hinzu. „Erst waren wir über zehn Kinder. Der Walking Bus war sehr beliebt, weil er neu war“, schildert Henkel, die in der Schule weiterhin Werbung für den Walking Bus macht. Außer ihrer Kaltehardt-Linie liefen zwischenzeitlich noch zwei Walking Busse aus unterschiedlichen Richtungen zur Grundschule Am Neggenborn. Mittlerweile hält Henkel, gemeinsam mit zwei Müttern, die einzige Linie auf Kurs. Auch an der Grundschule in Leithe habe sich die Anzahl der Walking Busse mittlerweile von fünf auf drei reduziert, informierte die stellvertretende Schulleiterin Ellen Brockhaus.
Verantwortung im Straßenverkehr
„Bei der Strecke Neggenborn war es zum Beispiel so, dass zuletzt nur noch wenige Kinder liefen. Der Weg war recht weit, er dauerte etwa eine halbe Stunde. Die übriggebliebenen Kinder sahen die Schulkameraden mit dem Auto vorbeifahren und hatten dann auch keine Lust mehr, zu laufen“, schildert Henkel. Immerhin die Jungs aus ihrem Walking Bus ziehen den Fußweg vor. „Ich laufe lieber, dann kann man auch etwas besprechen, wenn es einmal Streit gab“, findet Silas. Fabio meint:„Laufen ist besser. Da kann ich die Füße gut einlaufen, zum Beispiel, wenn ich neue Schuhe habe.“ Martina Henkel begleitet die Jungs, doch läuft nicht an erster Position. Die Kinder gehen vorweg, quatschen und foppen sich. Zwar führt die Strecke durch ruhige Wohnstraßen, doch an Straßenüberquerungen warten die Jungs bis der Bus wieder zusammen ist. „Es gibt eine gefährliche Lkw-Einfahrt, da schaut immer ein Kind, ob der Weg frei ist“, so Henkel. Die Kinder lernten so selbstständiges Verhalten und Verantwortung im Straßenverkehr, erklärt sie das Walking-Bus-Prinzip.
Es gibt auch die Variante, dass zwei Kinder am Kopf des Busses, die Funktion des Busfahrers übernehmen und den Verkehr beobachten. Nicht nur Kinder hätten etwas vom Walking Bus, so Henkel: Bei zehn Passagieren seien die Eltern theoretisch nur alle zwei Wochen an der Reihe, den Bus zu begleiten.
Eltern-Taxis wurden jüngst kritisiert
Das weit verbreitete Phänomen der Eltern-Taxis, welches jüngst von der Lehrergewerkschaft Verband für Bildung und Erziehung NRW kritisiert wurde (wir berichteten), gebe es auch an der Grundschule Am Neggenborn: „Die Eltern halten teils auf oder knapp vor dem Zebrastreifen. Manchmal ist mir das Herz in die Hose gerutscht, weil fast ein Unfall passiert wäre“, sagt Henkel.
Neben einer größeren Verkehrssicherheit bietet der Walking Bus viele Vorteile: Er bläst keine Abgase in die Luft, hält fit für den Unterricht und ist gesellig.