Bochum. Der Verband Bildung und Erziehung NRW empfiehlt mehr Eigenständigkeit auf dem Schulweg. Das Eltern-Taxi führe dazu, dass Kinder einen Teil ihrer täglichen Bewegung einbüßten und schlechter konzentriert in den Schultag starteten. RUB-Wissenschaftler und Verkehrswacht teilen diese Ansicht.
Das morgendliche Gedränge der Autos auf dem Parkplatz der Gräfin-Imma-Grundschule in Stiepel sei schon heftig, sagt Daniela Renkhoff (33). Sie bringt ihre achtjährige Tochter selbst auch mit dem Pkw zur Schule: „Ich finde, der Weg ist zu weit. Sie bräuchte sicher eine halbe Stunde“, sagt die Mutter. Allerdings sei geplant, dass die Schülerin ab der dritten Klasse mit dem Roller zur Schule fährt. „Irgendwann muss man ja auch mal loslassen“, so Renkhoff weiter.
Genauso sieht es der Verband Bildung und Erziehung (VBE) NRW und ruft kurz vor dem Schulanfang die Eltern auf, den Frühling für die Verkehrserziehung zu nutzen. „Der Schulweg ist nicht nur eine Strecke, die es zu bewältigen gilt, vielmehr ist er ein Zeitrahmen, in dem Kinder sozial miteinander umgehen“, sagt Udo Beckmann, Vorsitzender des VBE NRW.
Der eigenständige Schulweg beschäftigte auch die Geografen Dr. Andreas Redecker und Björn Frauendienst von der Ruhr-Universität Bochum. In ihrer Studie „Selbstständige Mobilität von Kindern“ untersuchten sie an zehn Schulen in NRW, wie Kinder zwischen sieben und 15 Jahren ihren Schulweg zurücklegten.
Das Ergebnis: Die Bedeutung des Autos hat von 1990 bis 2010 weiter zugenommen. „Ein Grund ist, dass Kinder durch die Schließungen von Grundschulen einen weiteren Schulweg haben“, erläutert Frauendienst. Oft seien auch der Weg zur Arbeit und Ängste der Eltern vor Gefahren die Gründe.
Weniger Bewegung durch die Eltern-Taxis
Das Eltern-Taxi führe dazu, dass Kinder rund 30 Prozent ihrer täglichen Bewegung einbüßten und schlechter konzentriert in den Schultag starteten. „Fragen Sie mal Lehrer, die merken ganz genau, wer sich vor der ersten Stunde schon ausgestrampelt hat“, sagt Frauendienst. „Es geht nicht darum, Kinder einfach alleine loszuschicken“, betont er. Vielmehr sei es wichtig, richtiges Verkehrsverhalten einzuüben, wobei das Vorbild der Erwachsenen entscheidend sei. Das betont auch Rolf Greulich, Vorsitzender der Verkehrswacht Bochum.
Er wies auf Besonderheiten hin: „Kinder haben alterstypische Einschränkungen. Sie können zum Beispiel Entfernungen und Geschwindigkeiten erst ab etwa zehn Jahren schätzen“, erklärt er. Die größten Gefahren auf dem Schulweg gingen aber von Erwachsenen aus, die Verkehrsregeln missachteten, sagt er. Zum Schluss überbrachte Greulich eine erfreuliche Nachricht: „Bochum gehört zu den verkehrssichersten Städten in NRW.“ Zudem würden die meisten Unfälle in der Freizeit verursacht und nicht auf dem Schulweg.