Bochum. . Ein schwerverletztes Mädchen, gefährliches Gedränge und ewiges Warten in der Kälte, Gerüchte über Vorverkaufstickets weit über den zulässigen Besucherzahlen: Die Abi-Partys in Bochum sind in Verruf geraten. „Die Sorgen vieler Eltern sind verständlich“, erklärt die Polizei. Aber: Fehler der Veranstalter seien nicht erkennbar. Es seien vielmehr einige der jungen Gäste, die die Probleme bereiten.

Es müssen Szenen der Panik gewesen sein, die sich in der letzten Woche vor der Zeche abspielten. Hunderte Schüler strömten zur „Abi-Zulassungsparty“ in den Weitmarer Szene-Treff. In der Schlange wurde gedrängt, gestoßen. Schüler kamen zu Fall. Ein Mädchen zog sich schwere Wunden am Bein zu und musste ins Krankenhaus.

„Ein absoluter Ausnahmefall“, sagt Polizeisprecher Guido Meng. Auch im Präsidium kenne man die Vorwürfe über mangelnde Sicherheitsvorkehrungen, überfüllte Hallen und riskante Geschäftemacherei beim Kartenvorverkauf. „Aber da ist nichts dran. Es gibt keinerlei Erkenntnisse über Versäumnisse der veranstaltenden Agenturen.“

„Das wäre auch unser Aus“, sagt Max Sollmann („Abistars“), der für die Party in der Zeche verantwortlich war. „Wir haben das größte Interesse, das alles friedlich abläuft. vertrauen ist unsere Geschäftsgrundlage. Dafür tun wir im Vorfeld alles, halten beim Kartenverkauf einen Puffer vor, kooperieren mit dem Jugendamt, stellen eine eigene Security.“ Dass sich in der Warteschlange an der Zeche dennoch ein Mädchen verletzt hat, sei „sehr traurig, aber war von uns kaum zu verhindern“.

Polizei wird vorher nicht informiert

Stimmt, bekräftigt Polizeisprecher Meng. Der sensible Bereich der Abi-Partys liege nicht in, sondern vor den Diskos und Clubs. „In kürzester Zeit und nach langem Warten wollen alle auf einmal rein. Das kann zu brenzligen Situationen führen.“ Die Polizei könne darauf nur reagieren. Meng: „Weil es sich formell um geschlossene Veranstaltungen handelt, sind wir nicht über die Partys informiert. Vorbeugendes Handeln ist somit für uns nicht möglich.“

„Nur aus der Zeitung“ hat die Polizei erfahren, dass am Dienstagabend eine „Abitotal“-Fete im Prater stattfand. Nachdem es Ende 2012 auch hier zu Störungen kam (trotz gültiger Karten fanden Jugendliche keinen Einlass), wurden „vorsorglich“ Streifenwagen an der Dorstener Straße postiert. Zum Glück mussten die Beamten nicht eingreifen. Die Chaos Creator GmbH als Ausrichter hatte diesmal alles im Griff. „Nur“ 2000 Karten waren im Vorverkauf abgesetzt worden. Der Prater fasst 4000 Gäste.

Dennoch will auch das Jugendamt wachsam bleiben. „Die Abipartys“, sagt Leiter Dolf Mehring, „sind bei uns gerade nach den jüngsten Vorfällen intensiv im Fokus.“

Zwei Agenturen teilen sich den Markt

Den wachsenden Markt der Schülerpartys in Bochum teilen sich zwei Agenturen. Die Ruhrpol GmbH am Kerkwege mit Geschäftsführer Max Sollmann (26) hat seit fünf Jahren das Format „Abistars“ etabliert. Die Chaos Creator GmbH an der Kortumstraße mit Geschäftsführer Chuong Ngyuen (27) ist mit ihren „Abitotal“-Partys erfolgreich.

Das Geschäftsmodell ist stets das gleiche. Die Agenturen mieten angesagte Diskotheken und Clubs vom Prater bis zur Zeche, vom Apartment 45 bis zum Fridays an. Die Werbung läuft hauptsächlich über Facebook. Der Kartenverkauf wird über die Oberstufen der weiterführenden Schulen abgewickelt.

Beispiel „Abitotal“ am Dienstagabend im Prater: Die Karten kosteten sieben Euro. Zwei Euro pro verkauftem Ticket verbleiben bei den Abiturienten, die damit ihren Abi-Ball finanzieren. Fünf Euro behält der Veranstalter. Die Club-Betreiber kassieren den Getränkeumsatz (am Dienstag 5 Euro Mindestverzehr).

Bei meist vierstelligen Besucherzahlen sind die Abipartys somit für alle Beteiligten ein gutes Geschäft.

Einlass finden Jugendliche ab 16 Jahren. Dem Jugendschutzgesetz soll mit so genannten Erziehungsaufträgen Genüge getan werden. Wer unter 18 ist und nach Mitternacht weiterfeiern will, muss ein Formular von seinen Eltern unterschrieben lassen und die Aufsicht auf einen volljährigen Begleiter übertragen. Dieser Begleiter darf die Party nicht ohne den minderjährigen Schüler verlassen.