Bochum. . Am lebensgroßen Simulator können angehende Hebammen an der Bochumer Hochschule für Gesundheit (HSG) realitätsnah eine Geburt unterstützen. Mit Hilfe der “Sim-Mom“ sollen insbesondere die Arbeit in interdisziplinären Teams sowie das Verhalten in Notfallsituationen geübt werden.

Die Herztöne der Gebärenden sind normal, die Wehen kommen regelmäßig und alles wartet gespannt. Schließlich geht es schnell: die Schreie der Mutter werden lauter und das Köpfchen des Kindes ist zu sehen. Die Zuschauer im Raum fiebern unwillkürlich mit und atmen entspannt aus, als das Kind schließlich auf der Welt ist. „Frau Simone“ ist Mutter geworden.

Dass es sich hier lediglich um die Simulation einer Geburt handelt und Mutter sowie Kind aus Plastik, kann man als Zuschauer fast vergessen. „Frau Simone“ ist ein in dieser Art deutschlandweit einzigartiger Geburtssimulator, der mit Hilfe eines Computers Körperfunktionen nachahmt. Rund 36.000 Euro kostet das Modell, mit dem künftig nicht nur Studierende der Hochschule für Gesundheit (HSG) üben, sondern interdisziplinär gearbeitet werden soll.

Die HSG bietet als einzige in Deutschland die Ausbildung zur Hebamme seit 2010 als Studium an. „Wir möchten die Akademisierung und Forschung der schulischen Fächer mit eigenen Projekten voranbringen“, verdeutlicht Prof. Dr. Anne Friedrichs, HSG-Präsidentin. Erforscht wird mit dem Simulator auch die fächerübergreifende Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Hebammen, Ärzten und Entbindungspflegern.

„Sim-Mom“ antwortet auf gestellte Fragen

Ein Knopfdruck am PC entscheidet, was bei „Frau Simone“ als Nächstes passieren soll: stärkeres Atmen, Schreien, die nächste Wehe, Blutungen. „Mit der Sim-Mom können nicht nur normale Geburten sondern zudem Notfall-Szenarien, etwa ein großer Blutverlust der Mutter oder abfallende Herztöne beim Kind, geübt werden. In der normalen Praxis kommt das glücklicherweise selten vor und dann dürfen keine Fehler passieren“, erläutert Prof. Dr. Nicola Bauer, Leiterin des Studiengangs Hebammenkunde.

Für die Studentinnen und Studenten geht es nicht nur um die korrekte Anwendung der gelernten Handgriffe, sondern vor allem auch um das Arbeiten in einem interdisziplinären Team. Die Kommunikation untereinander sowie mit der werdenden Mutter ist zentral. „Frau Simone“ antwortet auf gestellte Fragen und kann damit interagieren und reagieren.

Fehler werden sofort angesprochen

Die Geburtssimulation kann jederzeit unterbrochen werden, um über Fehler oder Probleme zu sprechen. Die Szenarien werden gefilmt und anschließend gemeinsam ausgewertet. „Bei uns geht es um fachliche und soziale Kompetenzen, wir sind für die Mutter physisch und psychisch da“, betont Andrea Villmar, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Studiengang Hebammenkunde.

Ab April lernen Hebammen- und Medizinstudierende dies gemeinsam an dem Geburtssimulator. „In Deutschland ist diese Interdisziplinarität einzigartig. Andere Länder, wie Australien, haben bereits bewiesen, dass gemeinsames Lernen und Austausch die Akzeptanz des jeweils anderen Berufes steigert“, hebt Nicola Bauer heraus. Diese Vorteile sieht auch Carmen Holzäpfel, Studentin der Hebammenkunde im sechsten Semester: „Die anderen Übungsmodelle waren bei weitem nicht so lebensnah. Hier agiert man ganz anders. Besonders die Notfallsimulationen können sehr wirklichkeitsgetreu sein. Das, und die Herausstellung des kommunikativen Miteinanders, ist für Praxis und Beruf enorm hilfreich.“