Bochum. . Eine milde Gerichtssanktion gegen zwei Brüder, die in der U-Bahn einen Bogestra-Mitarbeiter schwer verletzt hatten, hat für Unmut gesorgt. Ein Kundenbetreuer der Bogestra sagt, dass man sich in der Belegschaft auch von der Bogestra im Stich gelassen fühle. Die Gewalt steige spürbar an.

„Die Entscheidung des Gerichts ist unter uns Kundenbetreuern und auch der fahrenden Belegschaft absolut sauer aufgestoßen.“ Das sagte ein Bogestra-Mitarbeiter - er möchte anonym bleiben - in einem WAZ-Gespräch nach einem umstrittenen Prozess gegen zwei Brüder (24, 29). Wie berichtet, hatten sie in der U35-Station „Bergbaumuseum“ aus Jux die Notbremse gezogen, so dass eine Bahn im Tunnel stoppte. Als ein Kundenbetreuer (35) mit Schwerpunkt Sicherheit die Polizei rief, verprügelten und traten sie ihn so schwer, dass er vier Tage im Krankenhaus lag. Das Gericht stellte das Verfahren aber ein, wenn auch gegen die Auflage von je 300 Sozialstunden. Ein Grund: Das Opfer war nach dem Angriff auf ihn seinerseits auf einen der Täter losgegangen, weil er sich die Attacke nicht gefallen lassen wollte.

Der WAZ-Informant ist wie das Opfer selbst Kundenbetreuer mit Schwerpunkt Sicherheit. Er hätte ganz klar eine Verurteilung der Brüder erwartet. Er kritisiert aber auch die Bogestra selbst, weil er sich und seine Kollegen im Stich gelassen fühlt. Er beklagt, dass die Bogestra alle Kundenbetreuer angewiesen habe, keinen Fahrgast anzufassen oder auch festzuhalten. Einem Zivilbürger hingegen sei es erlaubt, im Fall einer Straftat jemanden festzuhalten, bis die Polizei käme, ihm als für die Sicherheit zuständige Kraft aber nicht. „Man spricht uns das Festhalterecht ab.“ Wie solle man dann aber bei Randale in der Bahn sinnvoll für die Sicherheit der Kunden sorgen!?

„Was exorbitant zugenommen hat, ist die Bedrohung“

Hinzu käme, dass die rund 35 Kundenbetreuer mit Schwerpunkt Sicherheit (zu erkennen am roten Barett auf dem Kopf) anders als auswärtige Kollegen keinerlei Einsatzmittel wie zum Beispiel Handfesseln oder Pfefferspray hätten. Man stecke in der Zwickmühle: Einerseits dürfe man keine Gewalttäter anfassen, andererseits sei man vom Strafparagrafen „Unterlassene Hilfeleistung“ bedroht, wenn man etwa eine Schlägerei nicht sofort schlichte, bevor Schlimmeres passiere. „Uns geht es nicht darum, Schlägereien anzuzetteln. Uns geht es darum, Maßnahmen sauber für uns, den Delinquenten und die herumstehenden Kunden zu bereinigen.“ Es sollte erlaubt sein, Gewalttäter „mit kleinen Griffen“ so zu fixieren, bis die Polizei käme.

Die Gewalt in Bus & Bahn sei stärker geworden, sagt er. „Die Bereitschaft der Leute, auch handgreiflich zu werden, ihr Aggressionspotenzial, ist spürbar gestiegen.“ Quantitativ wie qualitativ. „Die Hemmschwelle ist gesunken.“ Beleidigungen seien „an der Tagesordnung“. Schlägereien kämen regelmäßig vor, meist am Wochenende mit Alkohol. Und: „Was exorbitant zugenommen hat, ist die Bedrohung.“ Motto: „Ich weiß, wo du wohnst.Ich stech dich ab.“

Die Bogestra sagt zwar, dass die Gewalt in Bus & Bahn zwar nicht mehr, aber intensiver gewroden sei: „Wo früher gespuckt wurde, wird heute getreten“, erklärte Firmensprecherin Sandra Bruns. Sie meint aber, dass die Wahrscheinlichkeit, in der Bogestra Opfer zu werden, bei 0,03 Prozent liege. Ca. 5000 Vorfälle würden pro Jahr gemeldet (Gewalt, Diebstahl, Beleidigung etc.).