Bochum. . Der Weinhändler Uwe Bende hegt eine Leidenschaft für Altweine. Zu seinen Proben kommen Fans aus ganz Europa. Es gibt große Gewächse und seltene Raritäten.
In England findet das erste Fußball-Länderspiel statt, in Frankreich malt Claude Monet das Bild „Impression, soleil levant“, das dem Impressionismus seinen Namen geben wird, das „Kapital“ von Marx wird ins Russische übersetzt. Wir schreiben das Jahr 1872. In diesem Jahr wird auch der „1872er Assmannshäuser“ abgefüllt, den Uwe Bende stolz in seinem Weinkeller hütet. Es sind die ältesten bekannten deutschen Rotweinflaschen, und sie gehören zur gewaltigen Sammlung des Bochumer Weinhändlers.
Bende nennt sich selbst einen „Altweinfreak“. Der Bochumer hat sich immer für Wein interessiert, hat aber nach seinem Wirtschaftswissenschaft-Studium an der Ruhr-Universität einige Jahre in einer Bochumer Beraterfirma gearbeitet, erst seit 2006 widmet er sich aber ganz der Leidenschaft rund um Wein. In einem unauffälligen Häuschen an der Herner Stadtgrenze lagern nun gut über 5000 Flaschen Wein. Die Mehrzahl im Keller, viele aber auch in den anderen Zimmern, wo etwa auch eine schöne antiquarische Sammlung von Büchern aus dem 18. Jahrhundert (Sammlungsschwerpunkt: Voltaire) und ein altes Grammophon Eindruck machen.
Brüsseler Stadtvilla verbarg Schätze
Die unzähligen Weinschätze findet Bende auf Auktionen in ganz Europa oder auch als Schatzsucher mit Taschenlampe in vergessenen Weinkellern. Der „Assmannshäuser“ etwa ist ein Fund aus einer 40 Jahre lang wegen Erbensuche verschlossenen Brüsseler Stadtvilla. Spannend für die Altweinsammler ist entsprechend nicht nur der Geschmack, sondern auch die Historie dieser Tropfen - wie kommt ein deutscher Wein von 1872 in einen Brüsseler Keller, so kurz nach dem Krieg 1870/71?
Probiert werden die Tropfen bei gemeinsamen Proben. „Alleine große Weine zu trinken, ist wie Perlen vor die Säue“, so Uwe Bende. Deshalb organisiert er schon seit den 90er Jahren Treffen. In einer Gruppe kann man sich einige der oft sehr teuren Flaschen teilen und so mehrere Weine probieren. Beispielsweise fast mythische Tropfen wie den legendären 47er Cheval Blanc oder den Petrus aus dem selben Jahr. Flaschen, die im Handel auch schon mal für weit über 4000 Euro gehandelt werden. „Das sind perfekt gereifte, faszinierende Weine“ schwärmt Bende. Für ihn sei so etwas ein „großes Glück“, niemals hätte er gedacht, „das einmal erleben“ zu dürfen. Stolz ist er vor allem auch auf seine Châteauneuf-du-Pape-Sammlung, die führend in Europa ist. Zu seinen Proben - mehrfach im Jahr -, die gerne in der Orangerie der Stadtparkgastronomie stattfinden, kommen Altweinfreunde aus ganz Europa angereist.
Amselfelder Überraschung
Geht man mit ihm durch seinen faszinierenden Keller mit den unzähligen Flaschen, oft mit vergilbtem, unleserlichen Etiketten, so finden sich dort aber nicht nur nur große Gewächse. Auch einen Amselfelder von 1961, mit Drehverschluss zeigt er. „Der war erstaunlich“, berichtet er von einer Verkostung dieses übelst beleumundeten Supermarkt-Getränks. „Es passiert manchmal, dass so ein Wein, der längst hätte hinüber sein sollen, eine erstaunliche Entwicklung nimmt“.
Und wie hält er es denn mit dem Bier? „Als Bochumer liebe ich Fiege. Wenn ich nach Châteauneuf aufs Gut fahren, nehme ich immer was mit, die sind ganz wild drauf“.