Bochum. Bekenntnis zu einer bestimmten Glaubensrichtung, eingeschränktes Streikrecht, Entlassung im Falle eines Verstoßes gegen die Glaubenslehre: Wer als Arbeitnehmer im Dienst einer kirchlichen Organisation tätig ist, muss in Deutschland in Sachen Arbeitsrecht einige Sonderformen in Kauf nehmen.

An welchen Stellen Beschäftigte in Kirche, Diakonie und Caritas auf Probleme stoßen können, verdeutlichte jetzt der Diskussionsabend der Gewerkschaft Verdi.„Katholisch operieren, evangelisch putzen“ lautete der Vortragstitel von Ingrid Matthäus-Maier, Sprecherin der Kampagne „Gegen religiöse Diskriminierung am Arbeitsplatz“.

Anhand aktueller Stellenausschreibungen zeigte die langjährige stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, dass die Religionsfreiheit nicht nur bei so genannten verkündungsnahen Berufsgruppen oft außer Kraft gesetzt werde. Selbst Putzfrauen, Köchinnen oder Hausmeistern wird in diesen Beispielen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession abverlangt.

Homosexualität als Kündigungsgrund

Die Kirchen pochen auf ihr Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungsrecht, das ihnen bereits in Artikel 137 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 zugestanden wurde und heute Teil des Grundgesetzes ist. Die von ihr kritisierte Intoleranz der katholischen Organisationen gegenüber homosexuellen Angestellten aber sieht Ingrid Matthäus-Maier als eine „massive Grundrechtsverletzung“ an. „Homosexualität ist in der katholischen Kirche immer noch ein sofortiger Kündigungsgrund.“

Ebenso ergehe es Bediensteten, die in ihrem Privatleben entgegen der katholischen Glaubenslehre als „Bigamist“ auffällig würden. Ingrid Matthäus-Maier verwies hierbei auf den Fall eines Essener Organisten, der seit über 15 Jahren im Rechtsstreit mit der katholischen Kirche liegt. Obwohl er bereits verheiratet war, zeugte der Essener mit seiner neuen Freundin ein Kind und wurde entlassen.

Verschiedene arbeitsrechtliche Wege

Arbeitsgerichte beschäftigt zudem immer wieder die Debatte um das Streikrecht in kirchlichen Organisationen. Gemäß des so genannten Dritten Weges, werden die Grundbedingungen des Arbeitsverhältnisses nicht durch den Arbeitgeber („Erster Weg“) oder Tarifverträge („Zweiter Weg“) festgelegt, sondern in „Arbeitsrechtlichen Kommissionen“. Streiken sei nach Ansicht der Kirchen nicht erlaubt, so Matthäus-Maier. Die Gewerkschaft Verdi jedoch setzt sich in mehreren Gerichtsverfahren derzeit dafür ein.