Bochum. . Die Bochumer Schiedsfrauen und -Männer entlasten bei kleineren Fällen die Gerichte. Vielen Bürgern ist ihr preisgünstiges Angebot aber unbekannt. Das soll sich ändern. Denn die Vorteile gegenüber Gerichtsprozessen sind vielfältig.

Überwucherte Hecken und Äste, undichte Mauern, eng gebaute Zuwege, ehrabschneidendes Gerede - solche Streitigkeiten und ähnliche sind die Themen der 14 Schiedspersonen in Bochum. Sie haben zwar nicht die Macht von Richtern, sie sprechen keine Urteile.

Wohl aber haben sie die Lizenz zum Friedenstiften. Denn sie können zwischen den Streitparteien Vergleiche schließen, die rechtsverbindlich und 30 Jahre vollstreckbar sind.

Aussprache statt kühle Paragrafen

Das kann zwar auch ein Gericht. Der Vorteil beim Schiedsverfahren ist aber: Die Einigung der Parteien stützt sich mehr auf eine gegenseitige Aussprache, mehr auf zwischenmenschliche Vermittlung, nicht auf die kühlen Buchstaben von Gesetzesparagrafen.

Deshalb ist ein Friedensschluss im Schiedsverfahren zukunftsfähiger als bei Gericht, das oft nur Gewinner und Verlierer zurücklässt. Und preisgünstiger ist ein Schiedsverfahren auch. Mit 40 Euro kommt man oft locker hin.

Seit 2005 ist die Anzahl der Schiedsverfahren in der Stadt insgesamt rückläufig. Im vorigen Jahr gab es gerade mal 108. Vielleicht ist das Angebot zu unbekannt. Die Bochumer Bezirksvereinigung der Schiedsfrauen und -Männer hat jetzt aber einen neuen Vorstand. Und der will die Schiedsverfahren bekannter machen. Das Motto: „Schlichten statt richten.“

Schiedspersonen immer ehrenamtlich

Wolfgang Dohn (62) ist stellvertretender Vorsitzender und selbst Schiedsmann. Der Konstrukteur macht dies ehrenamtlich, wie alle Schiedspersonen. Einen Raum unterm Dach seines Hauses hat er zum Gesprächs-, zum Amtszimmer umgewidmet. An der Wand hängt ein Siegel mit NRW-Wappen. Auf dem Schreibtisch liegt das Büchlein „Nachbarrecht NRW“.

Dohn erzählt zum Beispiel von einer älteren Dame, die sich von einer Mitbewohnerin schlecht beleumundet fühlte. Sie rief ihn an. Also lud Dohn sie mit der „Antragsgegnerin“ vor. Man einigte sich. Im Protokoll steht: „Die Antragsgegnerin entschuldigt sich bei der Antragstellerin im Beisein der Schiedspersonen dafür, wenn sie durch ihre Äußerungen dazu beigetragen haben sollte, dass die Antragstellerin in ihrer Ehre verletzt wurde. Die Parteien sagen sich gegenseitig zu, keine Unwahrheiten über die jeweils andere Partei gegenüber Dritten zu äußern.“

„Es müssen beide noch mit erhobenem Kopf hier rausgehen“

Dohn ist es wichtig: „Es müssen beide noch mit erhobenem Kopf hier rausgehen. Keiner darf das Gesicht verlieren. Sonst geht der Streit weiter.“ Schiedspersonen sind Moderatoren, keine Beschließer.

Die Erfolgsquote lag im vorigen Jahr bei rund 40 Prozent. Bei Erfolglosigkeit bleibt es den Parteien aber unbenommen, doch noch vor Gericht zu ziehen. Dort geht es dann aber oft rauer zu - und in jedem Fall teurer.

Mehr Information

An Schiedspersonen kann man sich bei Strafsachen (Körperverletzung, üble Nachrede etc.) wenden und bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Grundstücksgrenzen, Lärm etc.). Vergleiche können dabei auch Geldzahlungen beinhalten - „zur Verstärkung der Genugtuung“.

Zuständig ist immer die Schiedsperson im Wohnbezirk des Antragsgegners. Mehr Informationen beim Bund Deutscher Schiedspersonen ( www.bds-bochum.de) und beim Amtsgericht (www.ag-bochum.nrw.de).