Marianne Vedder ist eine von 15 Schiedspersonen in Bochum. Seit zehn Jahren schlichtet die Rentnerin im Raum Dahlhausen Streitigkeiten.
Am Samstag, als der Bund Deutscher Schiedsmänner und -frauen (BDS) im Rathaus sein 60-jähriges Bestehen feierte, wurde sie für weitere fünf Jahre wiedergewählt. Es ist eine ehrenamtliche Tätigkeit. „Man muss Spaß haben an Konfliktlösungen. Wenn die Hälfte der Fälle mit einem Vergleich abschließt, bin ich schon zufrieden.“ Aggressionen hat sie oft erlebt während ihrer Verhandlungen, „aber mich hat noch nie jemand angegriffen“. Stets findet die Schlichtung bei ihr zu Hause statt. Es muss „neutraler Boden“ sein.
Viele Nachbarschaftsstreitigkeiten sind dabei, wegen denen eine Partei die Schlichtung sucht. Was viele nicht wissen: Selbst bei Straftaten muss nicht immer die Polizei eingeschaltet werden; auch in Fällen wie Beleidigung, Körperverletzung oder Hausfriedensbruch können Schiedsleute helfen. Nach einer Einigung ist jeder Vergleich, der durch Schiedspersonen erzielt wurde, wie beim Gerichtsurteil 30 Jahre einklagbar. Es kann Schadensersatz oder Schmerzensgeld erzielt werden, die Einigung besteht dann nur in der Höhe der Strafe.
Die Wiege des Bundes der Schiedsleute steht in Bochum. Hier stellte Emil Surhoff, Mitarbeiter im Rechtsamt der Stadt, fest, dass 1949, nach dem Krieg, die Leute wieder streitfreudiger wurden. So setzte er sich dafür ein, das Schiedsamt wieder zu aktivieren. Ein Jahr später wurde dann die Idee des Bundesverbandes verwirklicht. „So kam es, dass die Tochter, die Bezirksvereinigung Bochum, älter ist als die Mutter“, erklärt Monika Ganteföhr vom BDS.
Wer sich entscheidet, eine Schiedsperson zu werden, muss keine juristischen Vorkenntnisse mitbringen. In erster Linie benötigt er/sie Verhandlungsgeschick und Einfühlungsvermögen; alles andere wird gelehrt.
Marianne Vedder hat wie ihre Kollegen viele Schulungen in Mediation absolviert. Bedingung ist, dass die angehende Schiedsperson nicht vorbestraft und zum Zeitpunkt der Vereidigung zwischen 30 und 70 Jahre alt ist.
Nicht immer gelingt ein Vergleich: „Es kam auch vor, dass ich mit Engelszungen auf beide Streitparteien eingeredet habe, aber ohne Erfolg“, so Marianne Vedder. Dennoch rät sie, vor dem Weg zum Gericht den zum Schlichter zu machen. „Eine Gerichtsverhandlung ist langwierig, teuer und kostet viele Nerven.“ Im Bundesdurchschnitt enden 52 Prozent der Schiedsverhandlungen mit einem Vergleich, im Bochum liegt der Wert genauso hoch.