Bochum. Wenn Anmut auf Wagemut trifft, fette Beats mit filigranem Ballett verschmelzen, wenn Poesie und Popkultur Purzelbäume schlagen, die Grenzen zwischen Passion und Profession verschwimmen, wenn nicht der Einzelne, sondern die Show der Star ist: dann ist Urbanatix.

Nach dem Erfolg der ersten Staffeln 2010 und 2011 mit über 30.000 Besuchern ging das Streetart-Festival in der Jahrhunderthalle am Wochenende in die dritte Runde.

Entstanden als Projekt der Kulturhauptstadt 2010, ist Urbanatix zum eigenständigen Format avanciert. Der weltweit einzigartige Versuch, der urbanen Lebenskunst die große Bühne zu bereiten, ist geglückt. Biker, Triker, Parkourläufer, Breakdancer, HipHopper: Die jungen Wilden der Straße, oft (und bezeichnenderweise gerade im Westpark) als lästig empfunden und fortgescheucht, agieren Seit’ an Seit’ mit internationalen Artisten. Videoprojektionen, Licht- und Musikeffekte umrahmen eine Inszenierung, die in der Industriekathedrale eine ideale Heimstatt gefunden hat.

45 Amateure und 15 Profis am Start

Mastermind und Regisseur Christian Eggert hat auch für die neue Produktion einen herausragenden Mix aus Kraft, Können und Kreativität angerichtet. 45 junge Straßenkünstler aus ganz NRW (viele sind seit den Anfängen dabei) wirbeln, springen, fliegen und rotieren als Tänzer, Trampolinspringer, BMX-Radler oder Mauer-Läufer über die auf 600 Quadratmeter ausgebaute XXL-Bühne. Sechs Monate Training in der Marienkirche zeigen Wirkung. Klar: Inzwischen wiederholen sich manche Nummern. Aber: Urbanatix deckt seit dem Start alle wichtigen Straßenkunst-Sparten ab. Mehr geht kaum. Besser und authentischer sowie nicht.

Abermals einen Volltreffer landete Christian Eggert bei der Auswahl der Profis. Das ist nicht selbstverständlich. Berufsartisten sind gerade zum Jahreswechsel darauf bedacht, beim Zirkus oder Varieté ein auskömmliches Engagement für mehrere Monate zu ergattern. Zwei Wochen Urbanatix durchkreuzen da manches langfristige Gastspiel. Um so bemerkenswerter, dass 15 Weltklasse-Akrobaten gewonnen werden konnten. Die Franzosen Maxime Bourdon und Sébastien Bruas drehen als „Aerialisten“ das ganz große Rad. Lea Hinz, bei einer TV-Show kürzlich zur „Klügsten Deutschen“ gekürt, besticht am Luftring. Besonders großen Applaus gab’s bei der Premiere am Samstagabend für die scheinbar schwerelosen Heloise Bourgeois und William Underwood am Chinesischen Mast und die Holländerin Lisa Rinne an der Strickleiter und am Trapez. Ebenfalls großartig: das ukrainische Handstand-Duo Iroshnikov und „Tr’espace“ mit einer einzigartigen Diabolo-Technik.

Ungewisse Zukunft

Mit Standing Ovations bedachte das Premieren-Publikum das 100-minütige Gesamtkunstwerk Urbanatix, das im Jahr 3 nochmals professioneller geworden ist und sich als ein Leuchtturm der Bochumer Kultur etabliert hat. Ob und wo Urbanatix weiter strahlt, ist gleichwohl ungewiss. Weil die Marienkirche Bestandteil des Musikzentrums wird, müssen sich die Straßenkünstler für 2013 nach neuen Probenräumen umsehen: bisher vergeblich.

Urbanatix gibt’s in dieser Woche täglich in der Jahrhunderthalle. Beginn ist jeweils um 19 Uhr.

Am Samstag und Sonntag,
17. und 18. November, laufen die Vorstellungen jeweils um 17 und 20 Uhr. Finale ist am Montag, 19. November, um 19 Uhr.

www.urbanatix.de