Bochum.
Unter Polizeischutz rückten gegen sechs Uhr am Montagmorgen rund 25 Mitarbeiter der Stadt aus, um die Platanen rund um die Marienkirche zu fällen. Wilhelm Kleinert von den Technischen Betrieben leitete diesen bis zuletzt umstrittenen Einsatz. „Es gab keine besonderen Vorkommnisse“, sagte er. Allerdings mussten erst zwei Autos abgeschleppt werden, die trotz der Halteverbotsschilder im Gefahrenbereich parkten. Kleinert geht davon aus, dass die Arbeiten in drei Tagen abgeschlossen sind.
80 Jahre alte Baumriesen
Mit Motorsägen und Hubsteigern rückten die Männer mit den orangefarbenen Helmen den zum Teil über 80 Jahre alten Baumriesen zu Leibe. Bevor mit Hilfe von Motorwinden, Stahlseilen und Keilen die Bäume gefällt wurden, mussten zunächst die Äste entfernt werden.
Ob denn nun tatsächlich, wie vor Jahren einmal behauptet, diese Bäume denn krank seien, wollten wir von Kleinert wissen, der übrigens gelernter Gärtner ist. Doch bevor dieser antworten konnte, reagierte Stadtsprecher Thomas Sprenger: „Dazu geben wir jetzt keinen Kommentar.“ Er bestätigte jedoch, dass die Bäume direkt am Bauplatz zunächst nicht gefällt werden, da sie derzeit noch als Naturdenkmale geschützt sind. Über eine Änderung des Bebauungsplanes soll dies neu geregelt werden.
Mit einigen Aktivisten fand sich auch Dr. Volker Steude, Initiator des Bürgerbegehrens Musikzentrum, vor Ort ein. Als Zeichen des Protestes hatten sie ein Plakat, das eine Karikatur mit Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz zeigt, wie sie mit einer Säge den Ast, auf dem sie selbst sitzt absägt. „Dies ist heute eine total überflüssige Aktion, eine Machtdemonstration der Oberbürgermeisterin“, sagte Steude.
„Musikzentrum wird Quartier aufwerten“
Melanie Schneider, die sich ebenfalls an der Unterschriftenaktion gegen das Musikzentrum beteiligte, hatte sich eigens für diesen Tag freigenommen. „Mit meinen Kindern haben wir am Sonntag hier Grablichter aufgestellt, um an die Bäume zu erinnern.“ Sie versteht nicht, dass trotz des überall fehlenden Geldes dieses Musikzentrum gebaut werde. „Und gleichzeitig viel zu wenig für Familien getan wird.“
Die Polizei beobachtete die Gruppe auf dem Bauplatz, ließ sie aber gewähren, obwohl der Protest nicht als Demonstration angemeldet worden war. Ebenfalls gekommen ist Dr. Ingo Franke vom Arbeitskreis Umweltschutz: „Für größere Proteste hat es leider nicht gereicht. Trotzdem ärgern wir uns maßlos über dieses Vorgehen der Stadt.“ Anwohner Thomas Blütgen verfolgte mit zwiespältigen Gefühlen, wie die Motorsägen Ast für Ast die Bäume in handlichere Stücke zerlegten. Aber er sagte deutlich: „Aber ich bin schon der Auffassung, dass das Musikzentrum dieses ganze Quartier hier aufwerten wird.“
Zu Wort meldeten sich Dr. Christel Darmstadt und Prof. Dr. Christoph Zöpel von der Bürgerinitiative „Rettet Bochumer Kirchen“. Sie setzen sich nicht nur für den Erhalt dieser Kirche ein: „Mit Blick auf die Marienkirche sehen wir mit tausenden Bürgern, dass mit unverträglich hohem Finanzaufwand Altes zerstört werden soll für Neues, dessen Wert nicht vorauszusehen ist.“
Verwaltungsgericht erneut eingeschaltet
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen lehnte noch am Montag einen 2. Antrag ab, das Fällen per einstweiliger Verfügung zu stoppen. Zur Begründung heißt es in einer Mitteilung: „Unter dem Aktenzeichen 6 L 1337/12 hat das Verwaltungsgericht den Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die Baumschutzsatzung Bäume allein im öffentlichen Interesse schütze; Rechte Einzelner auf Erhaltung von Bäumen würden durch die Satzung nicht begründet.“