Bochum. Mit bundesweit zwei Millionen Erkrankten entwickelt sich das Augenleiden AMD zur Volkskrankheit. Entsprechend groß war die Resonanz auf das WAZ-Nachtforum Medizin.

Ein Rechenblatt reicht zur Früherkennung. Erst linkes Auge zuhalten, dann rechtes Auge zuhalten: Sind die Linien auf einem Auge krumm, ist der Besuch beim Augenarzt angezeigt. Es droht die Altersbedingte Makula-Degeneration (AMD). Das Augenleiden wächst sich zur Volkskrankheit aus. Entsprechend groß war die Resonanz auf das 27. WAZ-Nachtforum Medizin im Knappschaftskrankenhaus.

250 Leserinnen und Leser ließen sich am Donnerstagabend in Langendreer über diese chronische Erkrankung der Netzhaut informieren. Die Angst ums Sehvermögen wächst mit dem Lebensalter: AMD tritt meist nach dem 50. Lebensjahr auf. Zwei Millionen Deutsche sind betroffen. Frauen häufiger als Männer. Tendenz: steigend. Jährlich gibt es 5000 neue Erblindungen. Zu den Risikofaktoren zählen neben dem Alter helle Haut, hoher Blutdruck, Rauchen, Zucker, ungesunde Ernährung und UV-Strahlung.

Spritzen-Therapie zeigt ermutigende Erfolge

Der Auge-links-Auge-rechts-Test per Rechenblatt ist simpel, aber effektiv. „Das gesunde Auge kann die Schwäche des anderen Auges lange Zeit ausgleichen“, warnt Oberarzt Dr. Matthias Elling. Deshalb fällt die AMD bei vielen Patienten erst spät auf. Der Verfall der Makula (so heißt der fünf Millimeter winzige Bereich in der Mitte der Netzhaut mit der größten Dichte an Sehzellen) ist dann schon weit fortgeschritten.

Die Sehkraft erlahmt. Schleichend bei trockener AMD (sie macht 80 Prozent aller Fälle aus). die zur Leseblindheit führt. Schneller bei feuchter AMD mit Blutaustritt, die die Erkrankten im Endstadium erblinden lässt. Linien verzerren, Farben verblassen, Kontraste weichen auf, graue Schatten in der Mitte des Sichtfeldes verdunkeln sich zu schwarzen Punkten. Dramatisch: Es ist zu befürchten, dass alsbald auch das zweite Auge erkrankt.

Bis vor wenigen Jahren war die Medizin weitgehend hilflos. Bei der trockenen AMD wird bis heute nach wirksamen Behandlungsmöglichkeiten geforscht. Anders bei der feuchten AMD. „Hier gab es in den letzten Jahren große Fortschritte“, berichtet Klinik-Oberarzt Dr. Vinodh Kakkassery von guten Erfolgen mit der „intravitrealen Injektion“. Unter lokaler Betäubung wird ein Medikament direkt ins erkrankte Auge gespritzt. Alle vier Wochen wird eine Spritze gesetzt. „Das ist komplett schmerzfrei und dauert insgesamt nur zwei, drei Stunden“, schildert ein Patient (75), bei dem die ambulante Therapie nach bisher sieben Spritzen angeschlagen hat: „Die AMD scheint zum Stillstand gekommen zu sein.“

1500 AMD-Injektionen wurden im vergangenen Jahr im Knappschaftskrankenhaus vorgenommen. Die Abrechung mit den Krankenkassen ist mitunter schwierig. „Eine Spritze kostet 1400 Euro. Trotz eindeutiger Diagnose und medizinischer Notwendigkeit müssen wir mit mancher Kasse um die Kostenübernahme kämpfen. Das tue ich mit Nachdruck. Jeder, der die Therapie braucht, erhält sie auch“, betont Dr. Vinodh Kakkassery.

Eine gute und eine schlechte Nachricht für die Kassen: Bis Jahresende soll ein neues, verbessertes AMD-Präparat verfügbar sein, das nur noch alle zwei Monate gespritzt werden muss. Schon in den nächsten Wochen wird in Langendreer eine spezielle Bestrahlung als neue Therapie für die Patienten angeboten, bei denen die Spritzen keinen ausreichenden Erfolg zeigen. „Diese Behandlung“, so Dr. Kakkassery, „kostet allerdings 6000 Euro.“

Vorsorgetipps von Broccoli bis Brille

Alter, Geschlecht, blasse Haut und helle Haare: Gegen die wichtigsten Risikofaktoren bei AMD ist leider kein Kraut gewachsen. „Doch jeder Mensch kann sehr wohl etwas tun, um dem Verfall der Makula im Alter vorzubeugen“, gibt Dr. Inga Kersten-Gomez, Oberärztin am Knappschafts-Klinikum, diese Tipps:

Ausreichend Obst und Gemüse essen. In Karotten und Brokkoli sind besonders viele der Nährstoffe enthalten, die für das Auge wichtig sind, im Alter jedoch abnehmen. Sie dienen als „innere Sonnenbrille“, fangen UV-Strahlung auf und schützen damit nachhaltig das Auge.

Das Gemüse möglichst roh oder gegart zu sich nehmen. Zu empfehlen sind auch Spinat und Erbsen – ebenso wie Fisch: vor allem Lachs, Forelle und Schwertfisch.

Hochwertige Sonnenbrillen tragen! Die fangen mit ihrem UV-Filter schädliche Strahlung vom Auge ab, die die AMD-Erkrankung aktivieren oder verschlechtern kann.

Nahrungsergänzungsmittel nutzen. Die sind kein Allheilmittel. Eine hoch dosierte Kombination u.a. aus den Vitaminen C und E hat bei wissenschaftlichen Untersuchungen mit 4800 Teilnehmern aber bei jedem vierten Probanden das Risiko einer trockenen AMD gesenkt. Es reichen durchaus auch preiswertere Produkte aus dem Drogeriemarkt. Wichtig: Die Verpackung sollte den Hinweis „Entsprechend ARED-Studie“ tragen.

Viele Informationen, Studienergebnisse und Kontakte zur Makula-Degeneration hält das AMD-Netz NRW bereit; im Internet unter: www.amd-netz.de

Die Vorträge des WAZ-Nachtforums können auf der Internetseite des Knappschaftskrankenhaues nachgelesen werden. Adresse: www.kk-bochum.de

Das nächste Nachtforum in Langendreer findet am Donnerstag, 29. November, 19 Uhr, statt. Das Thema: Parkinson.