Bochum. . Der Kinderschutzbund bietet für Kleinfamilien, die keine eigene Großmutter zur Verfügung haben, aber trotzdem gerne mit einer dritten Generation zusammenleben würden, einen „Großmütter-Dienst“ an. Leih-Großmütter kümmern sich um die Kinder.
Die dreijährige Zondiwe und ihre fünfjährige Schwester Thandie spielen mit Ursula Behrendt so unbefangen, als seien sie ein altvertrautes Team. Die Kleinen lächeln sie liebevoll an und hocken auf ihrem Schoß. Seit fast drei Jahren schon treffen sich die drei regelmäßig, gehen in den Zoo, auf den Spielplatz und waren neulich auch einmal Schwimmen.
Die 64-Jährige ist allerdings nicht ihre leibliche Großmutter, sie ist ihre Leih-Großmutter. Weil eine leibliche Oma für die Kleinen im Alltag nicht zur Verfügung steht, ihre Eltern sich aber trotzdem eine dritte Generation wünschen, haben sie sich an den Kinderschutzbund gewandt. Er bietet schon seit gut zehn Jahren den „Großmütter-Dienst“ an - kostenlos.
Großfamilien wie früher, die eng zusammenleben, gibt es hierzulande immer weniger. Ein Hauptgrund dafür ist der berufliche Zwang zur Mobilität, der viele Familien auseinandertreibt. Viele Kleinfamilien wollen aber trotzdem nicht auf eine Oma oder einen Opa verzichten.
„Sie wünschen sich ein totales Familiengefüge“, sagt Renate Müller-Dahmen, die den Großmütter-Dienst organisiert. „Eine Mutter hat mir einmal gesagt: ,Ich wünsche mir einfach jemanden, der älter ist als ich, der anders mit meinen Kindern umgeht als ich es tue. Das fängt schon mit der Ruhe an.’“ Die Vorsitzende des Kinderschutzbundes, Claudia Klönne, spricht von einer „weiteren Vertrauensperson im Familiengefüge“.
„Ich glaube, dass es für die Familie schön ist, wenn sie Unterstützung bekommt“
Zurzeit hat der Kinderschutzbund in Bochum elf Leih-Großmütter an Familien vermittelt. Alle machen dies ehrenamtlich. Ursula Behrendt ist eine von ihnen. Die pensionierte Lehrerin hat zwar selbst ein Enkelkind, trotzdem kümmert sie sich rund einmal pro Woche auch um Zondiwe und Thandie. Deren Mutter arbeitet in Vollzeit, deren Vater ist beruflich manchmal tagelang weg. Da ist die Leih-Großmutter sehr willkommen. Über ihr Motiv sagt sie: „Ich glaube, dass es für die Familie schön ist, wenn sie Unterstützung bekommt. Und weil es mir Freude macht, mit Kindern zu spielen.“
Diese Freude liegt auf beiden Seiten. Thandie beschreibt ihre Lieblingsbeschäftigung mit ihrer Leih-Großmutter so: „Wenn wir in den Tierpark gehen.“ Manchmal ist auch Thandies Mutter dabei, wenn sie etwas unternehmen.
Die Nachfrage aus den Familien ist größer als das Angebot an Leih-Großmüttern. Deshalb sucht der Kinderschutzbund weitere Bewerber, auch Leih-Großväter. Zurzeit gibt es in Bochum sieben Familien, die Leih-Großeltern suchen. Die Vermittlung ist nicht immer einfach, manchmal kommt sie wegen verkehrstechnischer Organisationsproblemen nicht zustande. Dass hingegen die Chemie zwischen Leih-Enkel und Leih-Großmutter nicht stimmt, ist die Ausnahme. Im Gegenteil: Oft entwickle sich „ein ganz enger Kontakt“, sagt Renate Müller-Dahmen. Claudia Klönne ergänzt: „Der auch der Leih-Großmutter gut tut.“
Leih-Großmütter sind über den Kinderschutzbund versichert
Als Leih-Großmutter oder Leih-Großvater zur Verfügung stellen kann sich jeder, der noch Lust und Energie hat, etwas Sinnvolles zu tun, Freude am Umgang mit Kindern hat und bereit ist, ein bisschen Verantwortung zu tragen. Damit ist nicht die rein rechtliche Verantwortung gemeint, denn die ehrenamtliche Leih-Großeltern sind über den Kinderschutzbund versichert. „Die Ehrenamtlichen stehen nicht allein“, sagt der Kinderschutzbund.
Die Betreuung ist für die Eltern der Kinder kostenlos. Fahrtkosten und sonstige anfallende Kosten (Eintrittsgelder etc.) übernehmen die Familien. Haushaltsarbeiten gehören nicht zum Großmütter-Dienst.
Bewerbungen beim Kinderschutzbund unter Tel. 0234/683 022 (9 bis 12 Uhr).