Bochum.

Junge Obdachlose können seit inzwischen zehn Jahren für einige Tage in der Notschlafstelle „Schlaf am Zug“ übernachten. Dort gibt es ein Bett und eine warme Mahlzeit, aber auch Unterstützung für den Alltag. Viele der Gäste haben das bitter nötig.

„Straße bedeutet Dreck, Müll, null Leben“; „Einsamkeit“, „Kälte“, „Angst“: So beschreiben Jugendliche, die in Bochum auf der Straße leben, ihr „Zuhause“.

Die Notschlafstelle „Schlaf am Zug“ nimmt seit nunmehr zehn Jahren Jungen und Mädchen zwischen 14 und 21 Jahren ohne Obdach nächtlich auf. Das kleine Gebäude an der Castroper Straße ist eine feste Adresse für Straßenkinder. Im Jahre 2000 hatte die Stadt beim Kinderschutzbund eine Untersuchung über junge Obdachlose in Auftrag gegeben. Das Ergebnis hatte zur Folge, dass die Diakonie Ruhr über das ev. Kinder- und Jugendheim Overdyck die Notschlafstelle einrichtete.

Harter Winter hat mehr warme Plätze nötig gemacht

Fünf Schlafstellen gibt es verteilt im Untergeschoss des Hauses, zurzeit aber können bis zu neun Jugendliche dort übernachten. „Die Zusatzplätze sind wegen des Brandes im Fliednerheim“, erklärt Sophia Cajaniz, die den Tagesdienst im „Schlaf am Zug“ macht. Zudem habe der harte Winter mehr warme Plätze nötig gemacht. Die junge Frau hat als studentische Hilfskraft dort begonnen und gehört jetzt zum festen Mitarbeiterstab. „Es ist eine dankbare Aufgabe und ich bin froh, sie machen zu können“, sagt sie. Gemeinsam mit ihren Kollegen erfährt sie viel Dramatik, hört von schweren Schicksalen und erfährt auch harte Momente. „Aber genauso erleben wir positive Entwicklungen. Das entschädigt für alles.“

Die Jugendlichen können bis zu zehn Tage am Stück dort übernachten. Am vierten aber sind sie zu einem Aufnahmegespräch verpflichtet, in dem sie auch über ihre Situation und Probleme reden. Denn neben den Grundbedürfnissen nach Essen, Schlafen und Waschen steht die Notschlafstelle vor allem auch für unterstützende Vermittlung, sei es in eigene Wohnungen, um die jungen Bochumer von der Straße zu holen, sei es mit den Eltern, um die Familien wieder zusammenzuführen, oder auch mit dem Arbeitsagentur und weiteren Behörden wie dem Jugendamt, um Struktur in das Leben der Kids zu bringen.

Sozialarbeiter stehen für Gespräche bereit

Im Jahr 2001 kamen pro Jahr 130 Jugendliche an die Castroper Straße, im vergangenen Jahr waren es 175. „Schlaf am Zug“ öffnet jeweils um 20 Uhr, die Gäste essen gemeinsam, können sich reinigen und finden eine Schlafstatt. Bis 9 Uhr morgens muss das Gebäude wieder verlassen werden. Doch das Haus ist tagsüber nicht verwaist; Sozialarbeiter stehen für Gespräche bereit und fängt auf. Donnerstags gibt’s eine offene Sprechstunde von 10 bis 21 Uhr.

„Oft kommen Jugendliche, denen wir eigene Wohnungen vermitteln konnten, auf einen Kaffee oder ein Schwätzchen vorbei, um unter Menschen zu sein. Viele fühlen sich einsam, und da wird sogar der ehedem lästige Sozialarbeiter, auf den immer geschimpft wurde, plötzlich vermisst“, erklärt Sophia Cajaniz.