Bochum. . Rolf Witte von Straßen NRW überwacht die Arbeiten auf der Baustelle am Westkreuz. Er ist guter Dinge. „Es läuft“, sagt der 59-Jährige. Im Herbst 2013 sollen alle Arbeiten fertig sein.
Unendliche Weiten sehen anders aus. Hier Bagger, dort Lastwagen, überall ragen Schutt-Hügel empor. Dennoch hat die Szenerie etwas von den Bildern, die der Mars-Rover momentan zur Erde schickt. Grau in grau bahnen sich Wege durch die A 40-Baustelle, Stein für Stein arbeitet sich der Bulli von Rolf Witte voran. Immer wieder muss der Projektleiter bei seiner Erkundungsfahrt Schlaglöchern oder Geröll ausweichen, teils hängt der Baustellen-Bus – der seine besten Jahre längst hinter sich hat – dabei schräg in der Luft. Doch Witte weiß, wo es lang geht – und wie. Jeden zweiten Tag ist er vor Ort präsent, guckt, wie das Westkreuz Stück für Stück entsteht. „Es läuft“, sagt der 59-Jährige.
350.000 Kubikmeter Erde müssen auf der Baustelle bewegt werden
In seinem Bauwagen an der Hansastraße hängen die Pläne für den Umbau. Eine Wand reicht kaum aus, um das Großprojekt an der A 40 vollständig darzustellen. Sowieso ist die Theorie für den Laien schwer zu durchschauen. Witte zeigt auf der Tafel, was bereits erledigt ist und wie noch ganze Berge versetzt werden müssen. „Fast 350.000 Kubikmeter müssen wir bewegen, das sind rund 35.000 Ladungen“, schätzt der Bauingenieur aus Eppendorf.
Gesperrte A 40
„Bewegen“ heißt in diesem Fall allerdings, das abgetragene Erdreich nur ein paar hundert Meter weiter wieder aufzuschütten. Denn das Baumaterial gewinnen Witte und Kollegen zu großen Teilen direkt von der Baustelle. „Wobei ein Gutachter den Aus- und Wiedereinbau kontrolliert. Der Boden könnte schließlich kontaminiert sein.“ Trotz der anliegenden Industrie komme dies zwar nicht häufig vor, aber sicher ist sicher.
Der beste Gesamtüberblick
Witte wechselt in den ersten Gang. Es geht den höchsten Erdhügel hinauf, den die Baustelle zu bieten hat. Oben angekommen, eröffnet sich dem Betrachter das Ausmaß der Arbeiten. Und ein Ausblick, wie man ihn nur im Ruhrgebiet findet. Zu Füßen schleichen Autos mit den Kennzeichen der Region über die vier verbliebenen Fahrspuren, am Horizont wacht der Förderturm der Zeche Constantin über das Revier. Im Rücken qualmt der Schornstein von Thyssen-Krupp. „Das ist immer wieder beeindruckend“, findet sogar Rolf Witte, während sein Blick in die Ferne schweift.
400 Bäume werden das Projekt Überleben
Rein praktisch erhält er dort oben außerdem den besten Gesamtüberblick über den Fortschritt der Baumaßnahmen. Der Abschnitt A ist bereits fertig gestellt und umfasste den Ausbau von der Stadtgrenze zu Essen bis zur Bahnhofstraße in Wattenscheid. Im November 2011 erfolgte die Freigabe der sechsspurigen A40 für die Anschlussstelle Gelsenkirchen-Süd und den ersten Abschnitt. Rund 20 Millionen Euro flossen in den Teilbereich.
Der zweite Bauabschnitt B ist ebenso fast fertig, die Baukosten für den zweiten Lauf betragen rund 28 Millionen Euro. Von „Restarbeiten“, die es noch auszuführen gilt, spricht der Fachmann in diesem Zusammenhang.
Der Bereich C ist derjenige, um den sich in diesen Tagen und Wochen fast alles dreht. Wie der Bulli von Rolf Witte, der zur nächsten Fahrt ansetzt, die verschiedenen zentralen Punkte ansteuert. Hier und da steigt Witte aus, spricht mit den Bauarbeitern. Auch dabei ergibt sich immer wieder etwas Neues, an der Böschung bei Thyssen-Krupp können nun doch 4000 Bäume stehen bleiben, die eigentlich weg sollten.
Eisenbahnbrücke nimmt Form an
Und „neu“ ist das Stichwort: Im Bauabschnitt C wird von der Walzwerkstraße bis zur Brücke „Erzbahntrasse“ auf einer Länge von zwei Kilometern sechsstreifig ausgebaut, Ansätze sind erkennbar. Die gigantischen Brücken für den zukünftigen Straßenverlauf – im Moment eher Fremdkörper, denn erschlossen – warten auf ihren Einsatz.
Auch die Eisenbahnbrücke nimmt Form an, am Dienstag wird der Beton verfüllt. Im Bereich der Hansa- bzw. Darpestraße kann Rolf Witte mit seinem Bulli richtig Gas geben, die Kreuzung ist genauso vollendet, wie das Regenrückhaltebecken „Mühlenkamp“.
Die Gesamtkosten für das Projekt liegen bei 170 Mio. Euro. „Wenn wir doch auch nur ein bisschen davon zum Leben hätten“, lacht Witte und lässt ein letztes Mal den Bulli-Motor aufheulen.