Bochum . Bonner Unternehmen „Meine Ernte“ vermietet bei Bauer Blome in Bochum-Hiltrop 120 Gemüsegärten an Selbstversorger in der Stadt. Die Hobbygärtner Eva-Maria Donnepp und Arnd Neuroth schildern, warum sie das Beet dem Supermarkt vorziehen.
Eigentlich war Arnd Neuroth (53) gar nicht der Typ, der nur Bio-Gemüse kaufte und Fast Food verteufelte. Doch seit letzten Mai isst er anders. Neuroth scheint ein Mann zu sein, der keine halben Sachen schätzt. Denn er steht jetzt nicht im Bio-Supermarkt an der Kasse, sondern mitten im Gemüsebeet.
Die Sonne scheint auf ihn hinab und der Wind weht zwischen Blüten von Sonnenblumen und Mohn hindurch. Der Mann hockt sich ins Feld und zieht einen Strunk Rote Bete aus der Erde.
Gewicht verlieren durch den Garten
Seit Anfang Mai erntet der Betriebselektriker in einem Garten von „Meine Ernte“ sein eigenes Gemüse. „Ich habe einen Freund im Krankenhaus besucht. Der war früher ziemlich kernig und hatte stark abgenommen. Erst dachte ich, das käme von der Krankheit. Er erzählte mir dann von seinem Gemüsegarten in Dortmund.“
Neuroth machte sich schlau, wo „Meine Ernte“ in der Nähe seines Arbeitsorts Gelsenkirchen und Wohnorts Essen Gemüsegärten vermietet. Er fand das Feld bei Bauer Blome in Bochum. Das Bonner Unternehmen „Meine Ernte“ bietet dort 120 Stücke Land an. Diese werden durch Bauer Blome mit rund 20 Gemüsesorten bepflanzt. Von Mai bis November sind die Mieter für die Pflege und Ernte des Gemüsegartens zuständig.
Das eigene Gemüse soll komplett verarbeitet werden
„Das ist kein Gemüse, wie man es beim Discounter bekommt, hochglanzpoliert und gleichmäßig geformt“, so Neuroth. Früher habe er kein besonders schlechtes Gewissen gehabt, wenn er Gemüse, das nicht mehr schön war, wegschmiss. Sein eigenes Gemüse möchte er komplett verarbeiten. Was zu viel ist bekommen Familie, Freunde oder Kollegen, erklärt er. „Ich überlege mir eine Gefriertruhe anzuschaffen, um die Ernte haltbar zu machen.“
Die Ernte ist mitunter enorm. „Es ist überraschend, wie schnell manches Gemüse wächst“, findet der Gärtner. Zucchini erreichten innerhalb von einer Woche das Dreifache an Größe. Zwar setzte der viele Regen den Kartoffeln übel zu, viele faulten, doch es gibt genug anderes zu essen.
Das bestätigt auch Eva-Maria Donnepp (56). Sie steht vor ihrem Korb und zeigt ein gutes Pfund grüne Bohnen, ein Stück Romanesco und wenige Kartoffeln. Sie hat schon seit Kindertagen Erfahrung mit dem Selbstanbau. „Zwei, dreimal die Woche zu kommen, macht schon Sinn“, umschreibt sie den Arbeitsaufwand.
Nur Mist statt Kunstdünger
Ihr Beet pflegt die Mitarbeiterin des Jobcenters in der zweiten Saison. „Bis September, Oktober können wir von der Ernte hier leben. Im Winter verbrauchen wir Eingefrorenes“, sagt Donnepp. Eine andere Gärtnerin hätte das mal überschlagen und gemeint, die Gesamternte sei doppelt soviel wert, wie die Miete für eine Saison kostet, berichtet sie. Bei Bio-Ware würde die Rechnung noch günstiger ausfallen, schätzt Donnepp weiter.
Und was hier wächst, könnte mit Bio-Standards wohl locker mithalten. „Auf das Feld kommt kein Kunstdünger, nur Mist“, erläutert sie. Auch auf chemische Pflanzenschutzmittel wird verzichtet, informiert „Meine Ernte“.
„Wenn ich das Lochmuster von der Schnecke im Salat sehe, naja. Aber ich weiß auch: Was die Schnecke frisst, kann ich ebenso essen“, sagt die Gärtnerin.
"Mein Gemüse schmeckt besser"
Dem Ertrag etwa an Hokkaido-Kürbissen kann so ein Schnecklein ohnehin nichts anhaben. „Wenn es gut läuft, sind die im September soweit. Letztes Jahr hatten wir von zwei Pflanzen dreißig Stück“, berichtet Donnepp.
Nicht nur Vielfalt und Menge des Gemüses ist erstaunlich. Petersilienwurzel, Rotkohl, Spitzkohl, Porree, Möhren, Spinat, Zwiebeln, Bohnen, Brokkoli und so weiter schmecken auch anders als aus dem Supermarkt.
„Ich habe mal den Test mit Freunden gemacht. Sie haben gesagt, mein Gemüse schmeckt besser“, führt Neuroth an. Außerdem mache das Gärtnern ihn schlanker und entspannter, schildert er. Neuroth kann hier vom Berufsstress abschalten und hat drei Kilo abgenommen. „Wenn du soviel Gemüse hast, isst du es halt auch.“
Gemüse gehört dazu