Bochum. . Mit Hilfe von “Meine Ernte“ können Großstädter ohne Garten-Erfahrung ein eigenes Gemüsebeet beackern und am Ende die Erfolge ernten. Felder für Anfänger gibt es schon in Dortmund und Bochum.
Für so richtige Stadtmenschen kann die Pflege eines einzigen Topfes Basilikum schon eine große Herausforderung sein. Vom bepflanzten Balkon mal ganz zu schweigen. Der dürfte aus ihrer Sicht locker die Dimension eines unkontrollierbaren Urwalds erreichen. Gärtnern und Großstadt – optimal zusammen passt das nicht. An diesem Punkt setzt „Meine Ernte“ an. Mit ihrer grünen Geschäftsidee bringen Natalie Kirchbaumer und Wanda Ganders unerfahrene Stadtbewohner rein in die Gummistiefel und raus auf den Acker. Sie sollen sich den Traum vom eigenen Gemüsegarten verwirklichen können und dabei nicht allein gelassen werden. Schritt für Schritt lernen sie, wie Garten geht.
Das Prinzip funktioniert so: „Meine Ernte“ übernimmt von einem Landwirt in der Großstadt ein Stück Acker. Dieses Stück wird aufgeteilt in Parzellen, die von dem Bauern mit heimischen Gemüse- und Kräutersorten bepflanzt werden. Die fertig vorbereiteten Beete können dann für eine Saison gemietet werden.
Zwei Größen: Single- und Familiengarten
Es gibt zwei Größen: den Singlegarten mit 45 qm und den Familiengarten mit 85 qm. Im Mietpreis enthalten sind fachkundige Einweisungen, ein Schuppen mit Gartengeräten, regelmäßige Garten-Sprechstunden, persönlich und über das Internet, und Wasser zum Gießen. Wer die Anleitungen befolgt, dürfte bald erste Erfolge feiern. Und zum Beispiel die eigenen Radieschen von oben ansehen.
In 15 deutschen Städten haben die beiden jungen Frauen aus Bonn mit ihrem Konzept schon Anfänger an Spaten und Gießkanne gebracht. Im Ruhrgebiet wird bereits in Dortmund gegärtnert und neuerdings auch in Bochum. Die Idee zu „Meine Ernte“ ist aus dem persönlichen Bedarf der beiden Frauen entstanden: „Wir haben zusammen studiert und in einer Wohngemeinschaft gelebt. Fast jeden Tag gab es Tiefkühl-Pizza oder Lasagne, das waren wir leid“, sagt Natalie Kirchbaumer. Sie hätten sich dann überlegt, dass es gut und gesund wäre, etwas Eigenes anzubauen: „Aber das ist für einen Stadtmenschen schwierig.“ Nur mit Balkon und noch dazu ohne Ahnung.
So wie die beiden Gründerinnen denken wohl viele. Bei der Auftaktveranstaltung in Bochum ist der Andrang groß. Junge Paare, viele mit kleinen Kindern, folgen Landwirt Dieter Blome auf den Acker. Feldbegehung. Naturnahe Träume wachsen und gedeihen bereits. Ganz im Gegensatz zum Gemüse. Noch sieht der Boden karg und trostlos aus, doch wenn der Landwirt erst einmal Zwiebeln und Setzlinge, Knollen und Samen in die Erde gebracht hat, sollte sich das schnell ändern. Einige der Neu-Gärtner scheinen die eigenen Kohlrabi und Kartoffeln geradezu schon vor sich auf der Gabel zu sehen.
Dirk und Miriam Oppermann (36 und 35) sind ganz begeistert. Sie möchten ihrem Sohn Noah (2), einem typischen Stadtkind, endlich einen richtigen Garten und eigenes, gesundes Grünzeug bieten. Der Kleine soll im Dreck wühlen und nach Regenwürmern suchen können, während sich die Eltern ganz traditionell um die Nahrungsbeschaffung kümmern.
Ist ein Garten nicht spießig? „Mit diesem Konzept nicht. So etwas liegt doch gerade bei jungen Leuten voll im Trend. Viele wollen bio leben und wünschen sich den Kontakt zur Natur“, sagt Miriam Oppermann. Mit diesen klassischen gartenverzwergten Schrebergartengemeinschaften hat das Konzept nicht viel gemeinsam. Es ist günstiger, kommt ohne Sommerfest aus und ist auf Wunsch nach einer Saison beendet. Dann können die Mieter den Garten zurückgeben – natürlich ohne das Gemüse. Das behalten sie. Ebenso wie ihre Erfahrungen in einem Bereich, in dem sie vorher eher planlos waren. Sie werden dann gelernt haben, wie Garten geht.