Bochum. .

Das ist nicht immer Spaß: Heute gibt es Zeugnisse, die Medien verbreiten gern (oft gestellte) Fotos von jubelnden Kindern, die dazu noch mit ihren gerade erhaltenen Zeugnissen wedeln. Die Wirklichkeit ist differenzierter. Die Statistiken belegen, dass Eltern zunehmend nach höherer Bildung, dem Abitur also, schielen.

Da bleibt das Kind mit seinen Gefühlen und seinen Wünschen oft auf der Strecke. Wir haben uns bei Bochumer Experten umgehört, die täglich zu tun haben mit frustrierten Kindern, Jugendlichen und nicht zuletzt den verzweifelten Eltern, wenn die Noten nicht reichen: Hängen bleiben, Kleben bleiben oder Sitzen bleiben oder Ehrenrunde heißt das.

Die Psychologin Heike Neußer leitet den schulpsychologischen Dienst der Stadt. Sie kennt die Problematik: „Wir haben ein gutes Netz. Die Kinder wenden sich in den Schulen entweder direkt an die Soziarbeiter. Oder aber die Lehrer bekommen mit, dass etwas nicht stimmt und informieren uns.“ Etwa wenn das „Katastrophenzeugnis“ ansteht. Ganz wichtig in der konkreten Situation sei es, dass die Eltern ihr Kind trotzdem annehmen und deutlich machen, dass sie es tauch bei schlechteren Leistungen lieb haben.

Heike Neußer betont: „Der Punkt ist doch, ganz genau zu schauen, was will das Kind eigentlich.“ Außerdem könne es nicht schaden, das zu loben was es schon geschafft hat. Eine gute Nachricht hat die Psychologin parat. Die Beratungsstellen (Kontakte siehe Info-Kasten) machen in Notfällen kurzfristig Termine, selbst in den Sommerferien. „Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass, wann immer Eltern mit ihren Kindern zu uns kommen, eine gute Chance besteht, einen Weg zu finden.“

Eltern überfordern Kinder oft

Alfred Schweer ist ebenfalls Psychologe und leitet die Erziehungsberatung der Caritas: „Derzeit ist es eher ruhig. Wir stellen fest, dass Eltern oft schon nach den Sprechtagen oder, wenn die ‘Blauen Briefe’ verschickt wurden, zu uns kommen.“ Sein Credo:
Gelassenheit. Kein Druck, kein Zwang, das Kind positiv ansprechen.

Es bringe gar nichts, über Strafen noch mehr Angst zu erzeugen. Seine Erfahrung: Oft genug überforderten Eltern ihre Kinder, nehmen ihnen so die Freude am Lernen. „Da hat sogar noch zugenommen. Der schlechte Ruf der Hauptschule führt da manchmal zur falschen Beschulung.“

Annett Galla von der Bildungsberatung des Schulverwaltungsamtes gibt Familien, die mit einem Schulwechsel konfrontiert sind, über eine andere Schulform nachdenken oder sich über Möglichkeiten informieren möchten, wichtige Tipps: „Oft fehlt es am Wissen, welche Alternativen es gibt, da führen Gespräche oft weiter.“

Wenn es Nachhilfe sein soll

Während ihre Freunde sich in den Ferien entspannen und das (hoffentlich) gute Wetter genießen können, müssen versetzungsgefährdete Schüler den Stoff des letzten Jahres erneut durchackern. Viele Nachhilfeinstitute bieten dafür spezielle Nachprüfungskurse an. In Intensivprogrammen lernen die Inder unter professioneller, pädagogisch fundierter Anleitung Matheformeln und Englischvokabeln. Die größten Anbieter sind der Studienkreis und die Schülerhilfe.

Beim Studienkreis in Bochum können sich die Schüler an gleich fünf Standorten im gesamten Stadtgebiet auf die wichtige Prüfung vorbereiten. Fachkräfte begleiten Besucher aller Schulformen und Klassenstufen dabei. Auch bei der Schülerhilfe in Bochum gehören derartige Kurse in drei Filialen zum Leistungsspektrum.

Zwei Wochen lang holen Nachhilfelehrer und Schüler in zehn Einheiten à 90 Minuten den Stoff nach. Internet-Portale wie „tutoria“ bringen außerdem Schüler und Tutoren zusammen. Bei der Registrierung müssen die Erwachsenen ihre Qualifikationen angeben oder Führungszeugnisse hochladen, die die Seriosität belegen. Pflicht ist dies jedoch nicht. In Bochum haben sich bereits 99 solcher Mentoren angemeldet.

Darüber hinaus gibt es immer mehr kleinere Institute. Die Sekten-Info aus Essen warnt vor religiös-fundamentalistischen Gruppen wie Scientology, die über derartige Angebote ihr Gedankengut verbreiten. Der Verein rät dazu, Anbieter kritisch zu hinterfragen und zu meiden, die hohe Erfolgsaussichten auf Grundlage einer neuen Methode in Aussicht stellen. Zum Unterrichtsinhalt sollte ausschließlich der Schulstoff gehören. Falls Eltern Begriffe wie „Weltanschauung“ oder religiöse Motive aufschnappen und Vertragsklauseln zur Teilnahme an Seminaren verpflichten, die nichts mit Französisch oder Deutsch zu tun haben, sollten sie vorsichtig sein.