Bochum. Dauerärgernis Hundekot. 4000 Kilo produzieren die Vierbeiner in Bochum täglich davon. Etliche Haufen bleiben auf der Straße liegen – zum Ärger vieler Bürger, zum Verdruss auch der Stadtverwaltung.
„Scheiße!“, flucht Werner Knop. Die Morgentour am Hauptbahnhof beschert dem Vorarbeiter und seinen Fegern mal wieder einen Haufen Arbeit. Was heißt „einen“: Es sind Dutzende tierische Hinterlassenschaften, die der USB-Putztrupp in der City entsorgen muss. Die Besen-Regel ist eindeutig: Was hart ist, wird aufgefegt. Was weich ist, bleibt bis morgen liegen. „Sonst“, weiß Werner, „würden wir die Schmiere ja überall verteilen.“
Bochum ist tierlieb. 17.000 bellende Vierbeiner sind in unserer Stadt gemeldet. Sie produzieren täglich mehr als 4000 Kilogramm Kot. Das entspricht dem Gewicht eines ausgewachsenen Elefanten. Tendenz: steigend. Im Zuge der Hundezählung wurden im letzten Jahr 1500 zusätzliche Wauwaus registriert. Das ist gut für die klamme Kommune. Die Hundesteuer (pro Tier 144 bis 192 Euro) spülte 2011 rund 2,5 Millionen Euro in die Kasse. Die Hundezählung beschert der Stadt in den nächsten Jahren eine Mehreinnahme von 200.000 Euro.
Und damit fangen manche Missverständnisse an. „Was“, fragen Hundebesitzer, „tut die Stadt bei so viel Geld eigentlich für uns Steuerzahler?“ Vom Gesetz her: gar nichts. Eine unmittelbare Gegenleistung dürfen Frauchen und Herrchen nicht erwarten. Denn ihre Hundesteuer ist eine „Aufwandsteuer“, die in den allgemeinen Haushalt einfließt. Vorgehalten werden stadtweit sechs Hundewiesen auf der Schmechtingwiese (Agnesstraße), im Kruppwald (Blücherstraße), im Ölbachtal (am Ümminger See), im Park Westerholt, in der Grünanlage Wiesental sowie im Grünzug Ortelsburger Straße. Sein Geschäft ohne Leine darf der Vierbeiner dort allerdings auch nur erledigen, wenn er nicht als gefährlicher Hund eingestuft wurde.
Tütenspender nur noch an einigen Stellen
Erst recht nicht wird das Steuergeld verwendet, um die braunen Hinterlassenschaften von Bello & Co wegzuräumen. Das Argument „Wozu zahle ich denn Hundesteuer?“, mit dem manch stinkender Haufen achtlos liegengelassen wird, ist somit ebenso dreist wie dumm. „Für die Entsorgung ist jeder selbst zuständig“, betont USB-Sprecher Jörn Denhard.
35 Euro Bußgeld drohen für das „Liegenlassen von Hundekot auf befestigten Flächen“. Geköttelt wird gleichwohl ohne Unterlass. „Das Problem“, sagt Ordnungsamtsleiterin Irmgard Gulan, „befindet sich dabei meist am oberen Ende der Leine.“ Etliche Halter sch.... auf die Vorschriften. Die Ordnungshüter wissen um das Dilemma, beklagen – wie auch bei anderen Abfallärgernissen – jedoch eine gewisse Hilflosigkeit. „Wir sind in der Beweispflicht. Und der wird nur genügt, wenn ein Umweltsünder auf frischer Tat ertappt wird. Wie, bitteschön, sollen wir eine derartige Kontrolle gewährleisten?“, fragt Irmgard Gulan.
Lösung Tüte? Die war 1999 in Sicht. „Damals gab es eine Kampagne zusammen mit dem Umweltamt. Im Stadtgebiet wurden Tütenspender aufgestellt“, berichtet Jörn Denhard. Die Geräte wurden u.a. von Werbegemeinschaften als Paten finanziert. „Heute gibt es nur noch Spender in der Wattenscheider Fußgängerzone und an der Hanielstraße. Es gab vereinzelt Vandalismus. Die Paten haben sich nach und nach zurückgezogen. Das Interesse fehlte wohl.“
Drastische Verwarnungsgelder
Die Folgen lassen sich statistisch bemessen. 2011 errechnete die TU Dortmund, wie hoch die Wahrscheinlichkeit in einzelnen NRW-Städten ist, in einen Hundehaufen zu treten. Mehrere Faktoren gingen in die Rechnung ein. Die wichtigste Zahl: Hunde pro Quadratkilometer. Kombiniert wurde sie mit der Anzahl von Tierheimen, Hundeschulen, Grünflächen, Straßenkehrern, Tütenspender und Kontrolleuren. Das für unsere Stadt traurige Ergebnis des „1Live-Reports“: Die Gefahr, sich in Nordrhein-Westfalen die kotverschmierten Schuhe putzen zu müssen, ist in Bochum am höchsten.
Werner Knop wird wohl noch oft „Scheiße!“ fluchen.
„Stadt zeigt Ordnungssündern die Rote Karte“: Mit durchaus drastischen Verwarnungsgeldern will die Verwaltung der zunehmenden Vermüllung Einhalt gebieten. Es drohen u.a.
5 Euro für das Wegwerfen von Papiertaschentüchern, Zigarettenkippen und -schachteln sowie Bananenschalen,
15 Euro für Verpackungsmaterialien wie Pappkartons, Blechdosen oder Plastikflaschen,
Strafen zeigen keine Wirkung
35 Euro für „das Liegenlassen von Hundekot auf befestigten Flächen“ (also vor allem auf Gehwegen), für das Urinieren in der Öffentlichkeit und das Füttern verwilderter Tauben.
Wer sein Kaugummi achtlos auf die Straße spuckt, soll um 20 Euro ärmer sein. Soll. Denn tatsächlich verhängt wird (nicht nur) diese Strafe so gut wie nie. „Wir müssten in einem Verfahren nachweisen, dass es der Beschuldigte war, der sein Kaugummi ,entsorgt’ hat. Dazu müsste ein Außendienstler quasi daneben stehen. Das ist personell kaum möglich“, bedauert Ordnungsamtsleiterin Irmgard Gulan.
Die Folgen sind u.a. auf dem Boulevard und der Kortumstraße zu besichtigen – und beschäftigten sechs USB-Straßenreiniger. Mit zwei Kaugummi-Reinigungs-Maschinen (Kosten: jeweils 40.000 Euro) nehmen sie täglich neu den Kampf gegen den Fleckenteppich in der Innenstadt auf.