Bochum. Manche Revierstädte haben schon kapituliert. Bochum hält noch dagegen: Der USB hat in diesen Tagen den ewigen Kampf gegen Kaugummireste in der Innenstadt wieder aufgenommen.

Es dampft und zischt. „Das Biest ist hartnäckig“, schimpft Willi Aniol (58) und lässt die Maschine kräftig blasen und bürsten. Zehn Sekunden später ist der Fleck weg. Dumm nur, dass gleich nebenan Dutzende weitere schwarze Kleckse das Boulevard-Pflaster verschandeln. Das Entfernen alter Kaugummis: Es ist ein zähes und teures Geschäft.

Kaugummis sind in aller Munde. Doch wenn sie ihren Geschmack verlieren, landen sie vielfach auf der Straße. Achtlos ausgespuckt. Platt getreten. Immer mehr klamme Revierstädte kapitulieren vor der allgegenwärtigen trägen Masse in ihren Fußgängerzonen. Im hoch verschuldeten Oberhausen etwa lässt man längst „alles, wie es ist“. In Dortmund wurde der Fleckenpest zuletzt vor der Fußball-WM 2006 der Garaus gemacht. Für eine nochmalige Putztour „ist kein Geld da“.

Zweites Gerät zugelegt

Bochum hat den Abwehrkampf noch nicht aufgegeben. Vor sechs Jahren schaffte sich der USB den „Top Cleaner“ an: einen mächtigen, 40 000 Euro teuren und 150 Kilo schweren Apparat, von dem selbst Feuerzangenbowle-Pauker Bömmel einst geschwärmt hätte: „Dat is en Dampfmaschin’!“ Das brodelnde Ungetüm wird auf einem XXL-Hänger transportiert. Ein Generator erhitzt Wasser auf 175 Grad. Der Wasserdampf, ein beigemischter Spezialreiniger und rotierende Bürsten lösen die Kaugummireste auf.

Kaugummis, die unter der Sohle kleben geht der
Kaugummis, die unter der Sohle kleben geht der "Top Cleaner" an den Kragen. © WAZ FotoPool

Der „Top Cleaner“ leistet so gute Arbeit, dass sich der USB 2010 ein zweites Gerät zulegte. Willi Aniol und Udo Bommer (45) zählen zu insgesamt sechs Straßenreinigern, die es in der City dampfen lassen. Ein großer Aufwand. Und doch verrichten Mensch und Maschine eine Sisyphusarbeit. Je nach Verschmutzungsgrad bewältigen die USB-Trupps täglich 300 bis 500 m2: kaum ein Zehntel eines Fußballplatzes. Hinzu kommt: Die Kaugummi-Entfernungs-Maschine funktioniert nur bei Außentemperaturen über fünf Grad. „Deshalb sind wir in der Regel nur zwischen April und Oktober draußen“, sagt Einsatzleiter Joachim Rentsch.

Bußgeld schreckt nicht ab

Immerhin 1000 klebrige Hinterlassenschaften verschwinden pro Schicht im USB-Cleaner. Gleichwohl reicht dieses Pensum gerade einmal aus, um während der warmen Jahreszeit einmal die komplette Innenstadt zu entflecken. Kaum sind die Reiniger fort, wird der Fleckenteppich neu bestückt. Besonders spuckträchtig sind die Areale vor Imbissen und Cafés, am Hauptbahnhof und das Bermuda-Dreieck. „Dabei stehen doch überall Müllbehälter!“, ärgert sich Joachim Rentsch.

Da kommen die klebrigen Ärgernisse her. Kaugummiautomaten sieht man heute zwar nur noch selten. Es gibt sie aber immer noch. Zum Beispiel dieser in Oberhausen.
Da kommen die klebrigen Ärgernisse her. Kaugummiautomaten sieht man heute zwar nur noch selten. Es gibt sie aber immer noch. Zum Beispiel dieser in Oberhausen. © WAZ FotoPool

Keinerlei Abschreckung geht offenbar von dem Bußgeld aus, das die Stadt für das „Wegwerfen von Kaugummi“ verlangt. 20 Euro drohen für diese Ordnungswidrigkeit. Ob Spucker tatsächlich zur Kasse gebeten werden? „Es gibt durchaus Kontrollen. Aber natürlich ist es schwierig. Man muss die Leute ja auf frischer Tat ertappen“, sagt Stadtsprecherin Barbara Gottschlich.

Willi Aniol und Udo Bommer müssen kein Kau-Knöllchen befürchten. Beiden Straßenreinigern ist der Appetit auf Kaugummi schon längst vergangen.

Strafe für „kleine Sünden“

Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort“, prangt auf den Roten Karten, mit denen das Ordnungsamt auf die Bußgelder für „kleinere Ordnungswidrigkeiten“ aufmerksam macht. Danach drohen

5 Euro für das Wegwerfen von Papiertaschentüchern, Zigarettenkippen und -schachteln sowie Bananenschalen,

15 Euro für Verpackungsmaterialien wie Pappkartons, Blechdosen oder Plastikflaschen,

20 Euro für das „Entsorgen“ von Kaugummi und

35 Euro für „das Liegenlassen von Hundekot auf befestigten Flächen“ (also vor allem auf Gehwegen).

Gleichfalls 35 Euro werden u.a. für das Urinieren in der Öffentlichkeit und das Füttern verwilderter Tauben fällig.

Wie oft die Bußgelder verhängt werden, vermochte die Stadt auf Anfrage nicht mitzuteilen. „Die Zahlen sind aber relativ niedrig“, hieß es.

Boulevard: Kaugummi-Ex

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Unter Dampf: USB befreit den Boulevard mit einer Dampf-Maschine von Kaugummi, Bongardstraße, Kortumstraße - BoulevardAn der Maschine: Udo BommerAm Schlauch: Willi Aniol
Unter Dampf: USB befreit den Boulevard mit einer Dampf-Maschine von Kaugummi, Bongardstraße, Kortumstraße - BoulevardAn der Maschine: Udo BommerAm Schlauch: Willi Aniol © WAZ FotoPool
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