Bochum. .
Dem 49-jährigen Dresdener eilt der Ruf voraus, zu den renommiertesten deutschen Lyrikern zu zählen. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. der Georg-Büchner-Preis sowie das Große Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik, pflastern seinen Weg. So versammelten sich am Dienstag - für Lyrik-Lesungen erstaunlich – rund 100 Gäste in der Christuskirche, um zu lauschen, was Grünbein während seines Aufenthalts in der deutsch-italienischen Literaturstube Villa Massimo zu Rom erlebt hat. Verarbeitet hat er seine Beobachtungen in dem Prosa-Lyrik-Band „Aroma“.
Geladen hatten die Evangelische Stadtakademie und die deutsch-italienische Gesellschaft Cicuit. Ihre Vertreter waren sichtlich stolz auf ihren Coup; verständlich waren ihre Grußworte kaum. Auch die sicherlich erhellenden Ausführungen Prof. Dr. Ralph Köhnens, Vorsitzender der Literarischen Gesellschaft Bochum, verhallten im akustischen Nebel des weiten Kirchenschiffs.
Vortrag des Poeten kaum verständlich
Damit hatte sich das anstehende Debakel zwar abgezeichnet, Abhilfe wurde indes nicht geschaffen. Was schade ist, was eine vertane Chance bedeutet, denn bei Lyrik zählt jedes Wort, nicht jedes vierte. Sieben Minuten, nachdem Grünbein an seinem Tisch Platz genommen hatte, schlug ein beherzter Gast dem Poeten vor, doch lieber ins Mikrofon zu sprechen – statt daneben zu halten. Eine Minute lang waren die fein gemeißelten Worte Grünbeins verständlich. Es ging um einen Verkehrsunfall vor Michelangelos Haustür, sein für Grünbein selbst überraschendes Interesse an Dachterrassen und die Endstellen der Buslinien in den tristen Vororten der Ewigen Stadt. An einer Stelle hieß es „Die Sonne kommt heraus, Rom steht in Flammen – Ajuto!“ Ach.
Zwei Faktoren spielten sich in die Hände: das Unvermögen, das Mikrofon zu treffen und der an diesem Abend schlecht aufgestellte Tonmix. Nicht wenige der vorwiegend älteren Gäste irrten durch die Bankreihen, um einen Ort zu finden, an dem sie vielleicht doch ein Wort, einen Satz aufschnappen konnten. Manche gaben auf und liefen vor dem Zweckbau auf und ab. Draußen schien noch die Sonne.