Bochum. Der Literaturwissenschaftler Dr. Jan-Christoph Hauschild fand heraus, was das Schriftsteller-Phantom B. Traven im Ruhrgebiet machte. Gewerkschafter - Schauspieler - Schriftsteller.

Wer war B. Traven? „Mein Lebenslauf ist meine Privatangelegenheit“, soll er einmal gesagt haben. Doch das kann ja kaum gelten für einen Schriftsteller, der in mehr als 24 Sprachen übersetzt worden ist und gut 30 Millionen Bücher verkauft hat. Traven ist der große Mystery Man der Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Und seine Spuren sind auch in Bochum zu finden.

Weltweites Publikum rätselte

Unzählige Literaturwissenschaftler, Journalisten und Filmemacher verfolgten das Phantom Traven, das verantwortlich war für Bücher wie „Das Totenschiff“ oder „Der Schatz der Sierra Madre“.Beide auch höchst prominent verfilmt, letzterer Roman von John Huston mit Humphrey Bogart. B. Traven lebte von 1882 bis 1969, starb in Mexiko als Millionär. Der Weg dahin ist eine der rätselhaftesten Biografien der Literaturgeschichte, die ein weltweites Publikum beschäftigte..

Jan-Christoph Hauschild, in Bochum lebender und am Düsseldorfer Heine-Archiv arbeitender Literaturwissenschaftler hat kürzlich eine ziegelsteindicke Biografie vorgelegt. „B.Traven - Die unbekannten Jahre“. Darin weist er detailliert nach, was der Mann machte, ehe er 1924 als Traven Torsvan alias B. Traven in Mexiko von Bord eines Schiffes ging.

Beim Pendeln neu entdeckt

Schon als 11-jähriger kam Hauschild mit Traven in Kontakt. 1967 war im Fernsehen eine Dokumentation über den Schriftsteller zu sehen. „Im Busch von Mexiko“ wurde von Stern-Reporter Gerd Heidemann gedreht. Nach heutigem Forschungsstand wird darin eine hanebüchene Geschichte erzählt, gemutmaßt, dass Traven ein unehelicher Sohn von Kaiser Wilhelm II gewesen sei. Heidemann musste diese These zurückziehen, was ihn bekanntlich nicht daran hinderte, später die Hitler-Tagebücher zu entdecken.

Hausschild, der auch schon Monografien über Heine und Heiner Müller vorgelegt hat, entdeckte Traven lesend neu beim Pendeln zu seinem rheinischen Arbeitsplatz. In einigen Romanen stieß er auf Formulierungen, die nahelegten, dass Traven eine Vergangenheit im Ruhrgebiet haben könnte. Da Traven einst selbst den Namen Otto Feige ins Spiel gebracht hatte, begann Hausschild nach dieser Person in Registern, in Ämtern, Archiven und Akten zu suchen. Unter anderem in der Bibliothek des Ruhrgebiets in der Clemensstraße. Und wurde verschiedentlich fündig.

Aus Otto Feige wurde Ret Marut

Otto Feige wurde 1882 geboren, lernte Maschinenschlosser und wurde 1906 Geschäftsführer der Gelsenkirchener Verwaltungsstelle der Metallergewerkschaft. Als solcher gehörte er etwa der Schlichtungskommission an, die am 16. August 1906 den Streit der Gewerkschaftern Paul Runge (Bochum) und Peter Meis (Gelsenkirchen) zu betreuen hatte.

Pikant wurde dieses biografische Detail , als jener Runge viel später Polizeipräsident in Düsseldorf war. Dort wurde er 1921 publizistisch sehr aggressiv von einem Schauspieler namens Ret Marut angegangen. Niemand anderer als als Otto Feige.

Denn aus Otto Feige wurde 1907 der Schauspieler Ret Marut. Eine Existenz wurde komplett ausgelöscht, eine andere begann. Feige/Marut/Traven machte sich dabei zunutze, dass beim großen Erdbeben in San Francisco 1906 viele Urkunden vernichtet worden waren. Nun stammte eben Marut von dort, unwiederlegbar.

Aus Ret Marut wurde B. Traven

In Idar-Oberstein spielte Marut Theater, wechselte dann ans Düsseldorfer Schauspielhaus. Diese Engagement führte ihn dann noch ein zweites Mal nach Bochum: am 25. März und am 24. Oktober 1913 gastierte er im „Stadttheater Bochum im Evangelischen Vereinsheim“, ehemalige Mühlenstraße 35. Marut spielte Nebenrollen in „Meilensteine“ von Arnold Bennet und Edward Knoblauch und im Lustspiel „Die fünf Frankfurter“ von Carl Rössler. „Zu einer Konfrontation mit den Gespenstern seiner Vergangenheit kam es nicht“, schreibt Hauschild zum Gastspiel. Berühmt wurde der Schauspieler Marut nicht, erst der quasi unsichtbare antikapitalistische Abenteuerschriftsteller B. Traven wurde zum Weltstar. Der steht heute wieder - sehr zu unrecht - im Schatten.

Info: „Ich bin nichts als ein Ergebnis der Zeit – B.Traven die unbekannten Jahre“. So heißt die bis 29.Apil laufende Ausstellung im Heinrich Heine Institut Düsseldorf (Bilker Straße 12-14).
Das Buch von Jan-Christoph Hauschild ist in der Edition Voldenmeer Zürich bei Springer erschienen, hat 700 Seiten und kostet 38,86 Euro.