Bochum. . In den vergangenen Jahren sind immer Autofahrer nach einem Unfall mit Sachschaden abgehauen, ohne sich zu kümmern. In Bochum betrifft dies jeden fünften Verkehrunfall.

Die Polizei spricht von einem „Volkssport“. In den vergangenen fünf Jahren ist die Anzahl der örtlichen Unfallfluchten kontinuierlich angestiegen. In der Stadt Bochum macht sich jeder fünfte Verursacher eines Unfalls mit Sachschaden aus dem Staub, ohne sich zu kümmern. „Meiner Meinung nach ist das viel“, meint der 1. Polizeihauptkommissar Mario Honsdorf auf Anfrage der WAZ.

Honsdorf ist der ranghöchste Verkehrspolizist im Bochumer Polizeibezirk, zu dem auch Witten und Herne gehören. 13.149 Mal hat es im Vorjahr allein auf Bochumer Straßen gekracht. 2687 Mal gab der Schuldige sofort Gas. Immerhin: In fast 44 Prozent aller Fälle wurden diese Verkehrssünder später erwischt. Auch das ist eine Steigerung. Da habe die Polizei mehr Personalaufwand investiert, „um dem Volkssport entgegenzuwirken“, sagt Honsdorf. Ermittelt wurden auch Autofahrer, die nach nur kleinen Antickern geflüchtet waren. Die meisten behaupten, sie hätten nichts bemerkt. Aber das glaubt Honsdorf nicht: „Man hört es. Alles andere ist eine Mär. Das Geräusch am Pkw ist so klassisch laut, das nimmt man wahr.“

Wichtigste Hilfe bei der Aufklärung sind Augenzeugen

Vor allem auf großen Parkplätzen wie am Ruhrpark und an der Uni wird häufig angeeckt und abgehauen. Das beste Aufklärungsmittel ist der Augenzeuge. Ebenfalls vielversprechend ist ein Autoteil am Unfallort. Dann klappert die Polizei die Werkstätten ab, um das Automodell samt Baujahr herauszufinden. „Da müssen die Kollegen richtig ackern.“ Nur die Farbe als Täterspur zu haben, sei hingegen zu wenig. „Fast chancenlos“ seien dann die Ermittlungen.

Wird jemand erwischt, bekommt er richtig Ärger. Unfallflucht ist eine Straftat. In jedem Fall wird die Staatsanwaltschaft aktiv. Es drohen eine Geldstrafe und der zeitweise Verlust der Fahrerlaubnis.

Oft wirken die Blechschäden läppisch: ein Beulchen in der Tür, ein paar Kratzer an der Stoßstange. Aber Honsdorf sagt, dass die Reparaturkosten „schnell bei 500 Euro“ lägen. Spiegel zum Beispiel stecken heute voller Technik. Da kann auch die Auswechslung eines Ersatzteils locker 250 Euro kosten.

Hinter den steigenden Fallzahlen vermutet Mario Honsdorf „einen Trend in der Gesamtgesellschaft“ - die Einstellung: „Was interessiert mich der andere?“ Hinzu komme die Angst vor einer Höherstufung der ohnehin teuren Versicherung und vor einem Verwarnungsgeld (35 €). Auch wegen Alkohol und Drogen im Blut, glaubt Honsdorf, würden manche einfach das Weite suchen.

Am besten sofort Telefon 110 anrufen

Wer einen Unfall gebaut hat, auch nur einen kleinen mit einem parkenden Fahrzeug, sollte sofort die Polizei rufen. Eines, sagt Mario Honsdorf, sei „immer richtig: 110!“ Nur einen Zettel hinter der Frontscheibe zu hinterlassen, berge die Gefahr, dass er abhanden komme, bevor der Geschädigte zurückkehre.

Gesunken ist in Bochum die Fallzahl der Unfallfluchten mit Personenschaden: von 51 (im Jahr 2010) auf 43 (2011). Die Aufklärungsquote lag dabei zuletzt bei fast 77 %.