In der Werkstatt des Künstlers Karl Ulrich Nuss im schwäbischen Weinstadt entstand ein erster Modell-Entwurf für das Denkmal für den den Tana-Schanzara-Platz. Jetzt fuhr eine Delegation aus Bochum ins Ländle, um das Ergebnis in Augenschein zu nehmen.
„Alsdann: Geh’n wir mal zur Tana!“ Als der Bildhauer die Tür zum Atelier aufschließt, da macht sich richtig Neugierde breit. Wie wird sie wohl aussehen, die Denkmal-Tana, die bald ihren Ehrenplatz auf einem Bänksken auf ihrer Wiese gegenüber dem Schauspielhaus einnehmen soll? Das Frühlingslicht fällt schräg in die nüchterne, hohe Werkstatt, mitten im Raum leuchtet ein Sonnenfleck – und da sitzt sie: „unsere“ Tana. Ganz grau ist sie geworden – aber das ist nur die Farbe des Materials (Ton) – und ein wenig fleckig erscheinen ihre Haut und ihre Kleidung – aber gerade das ist der Akzent, den der Künstler gesetzt hat. Die getupfte, unstete Oberfläche ist das Markenzeichen seiner Plastik.
Ein tönernes Modell
Aber doch, ja, ja: Das ist sie! Nach dem Drumherumgehen, nach dem vorsichtigen Betasten, nach dem aufmerksamen Beobachten der gestalterischen Details, des Licht- und Schattenspiels auf Tanas Nase, ihrem Arm und der unvermeidlichen Baskenmütze, besteht sogleich Einigkeit: Das tönerne Modell trifft das unvergessene Vorbild gut, die etwa 1,60 Meter große Skulptur wirkt leicht und strahlt trotz – oder gerade – wegen der behutsam verfremdeten Darstellung eine schlichte Würde aus, mit der Tana gewiss gut hätte leben können. Gut gelöst hat der Künstler auch das gestische Moment. Tana sitzt nicht brav mit gefalteten Händen da, sondern streckt einen Arm dem Betrachter/Besucher entgegen, was offen und herzlich wirkt, so dass man ohne Scheu auf die Skulptur zugehen mag.
Bildhauer baut Plastik
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Nach kurzer Meinungsbildung wird das Werk für gut befunden, und dem Bildhauer Nuss die Bitte angetragen, es nun auch in Bronze zu gießen. Er besiegelt den Auftrag, in dem er sein Werk signiert: Mit einer Walnuss, als plastisch-beredtem Autographen.
Die dunkel-goldige Tana
Karl Ulrich Nuss (69) arbeitet seit 1970 als freischaffender Künstler und ist ein gefragter Bildhauer, der quer durch die Republik Denkmäler, Skulpturen, Brunnen und Reliefs für den öffentlichen Raum geschaffen hat. In Bochum kennt man seine Arbeit ebenfalls; 1985 schuf er den Jobsiade-Brunnen auf dem Husemannplatz. Wenn man sich dessen Figuren genauer ansieht, bekommt man eine gute Vorstellung davon, wie das Tana-Denkmal ungefähr aussehen und wirken wird. Denn natürlich ist das Grau des Ton-Abzugs aus dem Nuss’schen Atelier nicht dessen endgültige Farbe; vielmehr hat der Künstler einen dunkel-goldigen Bronzeton ausgewählt, so dass die Plastik freundlich wirken wird, ohne jeden „staatstragenden“ Unterton. Aber der würde auch nicht zu diesem Künstler passen, dem diese typisch schwäbische Heiterkeit und Lebensklugheit inne ist, die einen im Gespräch und im Umgang mit ihm gleich einnimmt.
Tana Schanzara hat Nuss nie auf der Bühne gesehen, sein Modell schuf er anhand von Fotografien und einer Skizze, die Marcus Loer, Mitarbeiter im Malersaal des Schauspielhauses, entworfen hatte. Loer war ebenso nach Weinstadt mitgefahren, wie die Chefdisponentin und langjährige Leiterin des Künstlerischen Betriebsbüro des Bochumer Theaters, Jutta van Asselt, die Tana über 30 Jahre lang privat kannte. Und wie WAZ-Leserin Heidi Bösel, die nach dem WAZ-Aufruf im letzten Jahr den Vorschlag der auf dem Bänksken sitzenden Denkmal-Tana gemacht hatte, der die Jury überzeugte. Weil sie sich eine bodenständige Skulptur wünschte, so wie Tana ein bodenständiger, niemals abgehobener Mensch gewesen war.
Ein unwürdiges Andenken
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Tana Schanzara und das Silikon
Nicht nur Heidi Bösel ist schon gespannt auf die Aufstellung der drei Zentner schweren „Tana“. Das über einem stählernen Innengerüst aufgebaute Ton-Modell wird als nächstes in Silikon gefasst, dann in Wachs gepackt, und dann in einer Gießerei ist Pforzheim in Bronze gegossen. Danach tritt die Skulptur per Lkw die Reise nach Bochum an. Noch vor den Theaterferien im Frühsommer soll „Tana“ ihren Platz am Schauspielhaus einnehmen. Heidi Bösel weiß jetzt schon, dass das ein schöner Tag sein wird: „Ich nehme einen Piccolo mit, und werde mit Tana anstoßen!“
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