Bochum. . Bochums Muslime setzen auf Vielfalt. Viele Gemeinden sind türkisch ausgerichtet, aber auch alle anderen Nationalitäten sind willkommen.
Nach dem Freitagsgebet gibt es Suppe - Rund 150 Menschen drängen sich in der Hinterhof-Moschee an der Dibergstraße. Sie ist eine von elf islamischen Gotteshäusern in Bochum. Alle haben rund 200 Gemeindemitglieder. Zusammengeschlossen zur Arbeitsgemeinschaft Bochumer Moscheen bilden sie damit eine der größten Glaubensgemeinschaften der Stadt.
„Es wäre schon ein Traum, eine große Zentralmoschee in Bochum zu haben“, gibt Murat Caglayan zu. Der türkischstämmige Muslim ist im Sauerland geboren und fühlt sich als Deutscher. „Ich habe mich erst als Ausländer gefühlt, als ich hier nach Bochum kam“, erzählt er, „im Heimatdorf kannte man sich“. Die Islamischen Gemeinden stünden für Vielfalt. Zwar sind die meisten Moscheen in Bochum türkisch ausgerichtet, aber alle Nationalitäten sind willkommen: Afrikaner, Araber und Inder. Außerdem gibt es eine albanische Moschee an der Dorstener- und eine arabische an der Wasserstraße.
Friedliches Freitagsgebet
Allerdings ruft der Muezzin in Bochum nicht vom hohen Turm zum Gebet, „hier gibt es nur Hinterhof-Moscheen“, bedauert Caglayan. „Das ist in Deutschland ein bisschen widersprüchlich“, findet er, „einerseits misstrauen viele Deutsche den Treffen im Hinterhof, andererseits gebe es immer Proteste beim Bau großer Moscheen“. Klar die Hassprediger gebe es, räumt Caglayan ein, „aber die sind eine Minderheit und greifen uns weltoffene Muslime genauso an, wie Christen und Atheisten“.
An der Dibergstraße wirkt das Freitagsgebet friedlich, fast lässig. Im mit Teppich ausgelegten Gebetsraum herrscht ein reges Kommen und Gehen, manche sind in Fürbitten vertieft, andere unterhalten sich. Frauen beten natürlich in einem anderen Raum. Dann wird gepredigt, meist in türkisch, „dabei werden auch aktuelle Themen angesprochen“, meint Caglayan. Das Gebet selber absolvieren dann alle gemeinsam: Synchron knien die rund 200 Gläubigen nieder und verbeugen sich gen Mekka. Danach herrscht wieder eine Atmosphäre wie bei einem Familientreffen. Alle Altersgruppen sind vertreten, auch Ältere und Kinder.
Koranschule als ein Standbein
„Das ist eins unserer Standbeine“, meint Caglayan, „die Koranschule“. Dort lernen Kinder Arabisch und was es heißt Muslim zu sein: Die fünf Säulen (das Glaubensbekenntnis, das tägliche fünfmalige Gebet, die Almosensteuer, das Fasten im Ramadan und die Pilgerfahrt nach Mekka) sowie die Sünnet, den Vorbildcharakter des Propheten Mohammed. „Seit dem 11. September 2001, gibt es viele, die sich für Führungen durch die Moscheen interessieren“, berichtet Caglayan. Seit 2011 gibt es außerdem das große Sommerfest der Arbeitsgemeinschaft an der Bochumer Straße.
„Ich glaube wir sind auf einem guten Weg in Bochum mehr anerkannt zu werden“, schätzt Caglayan. Das habe auch viel mit der Offenheit der Gemeinden zu tun. Zwar wird in den meisten Gemeinden noch Türkisch gepredigt, „aber nur, weil die meisten Imame kaum Deutsch können“, so Caglayan. Rund zwei Drittel der Gemeindemitglieder seien Jugendliche, die hier in Deutschland aufgewachsen sind. „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir alle richtige deutsche Muslime sind“, findet Caglayan.
Info: Im September 2011 veranstaltete die Arbeitsgemeinschaft Bochumer Moscheen zum ersten Mal das große Ramadanfest für alle Bochumer Bürger (die WAZ berichtete). Über diese und andere Aktionen wird auf der Internetseite www.bochumer-moscheen.de informiert. Die Arbeitsgemeinschaft besteht seit 2009.