Recklinghausen. .
Die erste Nacht der offenen Gotteshäuser in Recklinghausen hat vor allem ein Ziel: Vorurteile abzubauen. Zwischen den drei monotheistischen Religionen, also Religionen, die einen einzigen Gott kennen, gibt es nach Meinung der Vertreter von Christentum, Islam und Judentum davon zu viele.
Denn vor allem das Thema Moscheenbau erhitzt die Gemüter wieder und wieder, derzeit zum Beispiel in Herten (die WAZ berichtete).
Bernhard Lübbering von der Christlich-Islamischen Arbeitsgemeinschaft, die Organisatorin der Nacht der offenen Gotteshäuser ist, stimmt das traurig. Mehr Aufklärung wünscht er sich deshalb; zusätzlich zu den interreligiösen Gottesdiensten seit dem Jahr 2000. Auch Sinan Özen, Vorsitzender der Ditib-Moschee in Recklinghausen, versucht gegenzusteuern und Vorurteile zu beseitigen. „In Deutschland leben fünf Millionen Muslime, es gibt aber nur 1600 Moscheen“ , sagt er. Das hieße, dass statistisch 3125 Muslime auf eine Moschee kommen. Eine „Moscheen-Überschwemmung“ Deutschlands sieht Özen nicht.
„Wir sollten Offenheit erlernen“
Um Kirchen und Moscheen-Statistiken geht es den beiden jedoch nicht im Kern. Zwar sieht Lübbering die christliche Landschaft schrumpfen (und über die Veränderung der Moscheenlandschaft gibt es geteilte Meinungen). Was für ihn aber wichtiger ist: dass die Menschen Islam und Judentum nicht als Bedrohung empfinden. „Das sollte das Christentum als Herausforderung sehen. Wir sollten den eigenen Glauben leben und Offenheit gegenüber anderen Glaubensrichtungen erlernen.“
Angst vor dem Fremden sei außerdem fehl am Platz. Bernhard Lübbering befürchtet und befürwortet nicht das Verschmelzen der Religionen; jede Religion müsse ihre Identität bewahren. „Harmonie bedeutet nicht Gleichklang, sondern Zusammenklang“, so sein Credo.
„Muslime sehen die ganze Welt als Gebetsort“
Das Ziel sei eine multireligiöse Gesellschaft. Die Unterschiede zwischen den Religionen seien ohnehin augenscheinlich: „Die Moschee ist, mehr noch als die Kirche, nicht nur Gebetsort, sondern auch Ort für Versammlungen, sportliche Aktivitäten und Ausflüge, an dem sich alle Generationen treffen“, so Özen. Doch genauso wie Christen „sehen Muslime die ganze Welt als Gebetsort. Damit sind auch Wiesen und christliche Kirchen gemeint.“ Angst vor Überschwemmung oder Identitätsverlust christlicher Religion seien also unbegründet.
Aufklärung ist den muslimischen Vertretern auch an anderer Stelle wichtig. Mehmet Toklu, Lübberings Kollege, möchte das Vorurteil über Frauen aus der Welt schaffen. „Der Islam legt sehr viel Wert auf die Frauen.“ Ihn irritiert, dass alle Araber als Moslems gesehen oder Terroristen oft mit dem Islam gleichgesetzt würden. „Dabei sind das nur einzelne Personen, nicht eine ganze Religion.“ Toklu und Özen beklagen auch, dass Kultur, ein ganz anders Thema, und Religion, oft vermischt würden. Die Religion jedenfalls sage eindeutig: Alle Gläubigen monotheistischer Religionen beten den gleichen Gott an, nur Rituale und Sprache Sunterscheiden sich.
Vorurteile abbauen
Die erste Nacht der offenen Gotteshäuser findet am Samstag, 24. September, in Recklinghausen statt. Die Synagoge, drei Moscheen und acht Kirchen sind an diesem Abend von 19.30 bis 22.30 Uhr geöffnet.
Die Organisation der Nacht haben die Christlich-Islamische Arbeitsgemeinschaft, die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und die Volkshochschule übernommen.
Geplant sind Programme und Aktionen in den Gotteshäusern, bei denen jeweils jüdische, muslimische und christliche Vertreter über ihre Religion sprechen und Führungen anbieten.
Daneben wird es drei geführte Bustouren geben, (jeweils Start um 19.30 Uhr und Ende um 22 Uhr am Ausgangsort), die Gotteshäuser aller drei Glaubensrichtungen anfahren werden. Die erste Fahrt geht über die Evangelische Johanneskirche an der Hinsbergstraße 14, die Moschee an der Dortmunder Straße 170 und die Synagoge am Polizeipräsidium 3. Die zweite Tour startet an der Katholischen St. Gertrudis-Kirche, Heidestraße 26, mit Zustiegsmöglichkeit an der Lutherkirche um 20 Uhr. Weiter geht’s zur Synagoge und dann zur Moschee an der Bochumer Straße 98 a.
Die dritte Tour beginnt und endet wieder an der Synagoge am Polizeipräsidium und geht über die Evangelisch-methodistische Kirche im Garten, Limperstraße 34, und über die Moschee an der König-Ludwig-Straße 7. Die Teilnahme ist kostenfrei, um eine Spende wird gebeten, ebenso um eine Anmeldung bei der Volkshochschule.