Bochum. Pläne über einen Verkauf des Werks in Bochum sorgen für einen Schock vor Ort. Die Schließung des Schmelzstufen-Werks hätte massive Konsequenzen für den Wirtschaftsstandort Bochum. Die IG Metall hat für Freitagmittag, 11.55 Uhr, zur Großdemo auf dem Husemannplatz in der Innenstadt eingeladen.
Der offenbar geplante Verkauf der Thyssen-Krupp-Edelstahlsparte Inoxum an den finnischen Konkurrenten Outokumpu löste in Bochum am Montag einen Schock aus. „Am frühen Morgen wurden der Betriebsrat am Hauptsitz in Krefeld über die Absicht informiert“, berichtete die 1. Bevollmächtigte der Bochumer IG Metall, Ulrike Kleinebrahm. Im früheren Nirosta-Edelstahlwerk an der Essener Straße sind knapp 500 Mitarbeiter beschäftigt.
„Von Betriebsschließungen oder gar Entlassungen war nicht die Rede. Jetzt geht es darum, das Gesicht zu zeigen und den Kollegen zur Seite zu stehen“, entrüstete sich der Bochumer SPD- Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer. Sofort nachdem er von der Nachricht des offenbar konkreter werdenden Verkaufs erfuhr, sagte er den Beschäftigten seine Unterstützung zu. Als Politiker müsse man in solchen Situationen „allen Einfluss geltend machen, um den Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern“.
In Krefeld kommt es bereits heute – voraussichtlich bereits ab 13 Uhr – zu spontanen Arbeitsniederlegungen. Wie die WAZ soeben erfuhr, wollen 500 Mitarbeiter dort am Stammsitz sofort die Arbeit niederlegen. „Dies geschieht im Zusammenhang mit dem Besuch von NRW-Arbeitsminister und Gewerkschafter Guntram Schneider um 14 Uhr im Werk“, so IG Metall-Sprecher Marc Schlette.
Streik in Bochum am Freitag
Am Standort Bochum wurde am Montag zunächst normal weiter gearbeitet. „Es ist einfach nicht möglich, in einem solchen Werk spontan den Schalter umzulegen. Das könnte Schäden an den Aggregaten verursachen“, so Kleinebrahm am Vormittag. Am Nachmittag kündigte die Gewerkschaft dann eine Großdemonstration am Freitag, ab 11 Uhr, an. Treffpunkt für Streikende ist um 10 Uhr das Tor Süd an der Essener Straße. Um 11.55 Uhr, auf dem Husemannplatz in der Bochumer Innenstadt an.
Werk von Schließung bedroht
Die Gewerkschaft befürchtet , dass die Standorte der Schmelzstufen (Stahlwerke) in Bochum und Krefeld massiv gefährdet sind. Bereits beschlossen war bekanntlich, den Standort Benrath zu schließen. Am Montagnachmittag will die Bochumer IG-Metall-Spitze Einzelheiten mitteilen, wie sie auf diese Nachricht reagieren möchte. „Sie können aber davon ausgehen, dass in dieser Woche noch Einiges passieren wird“, so Kleinebrahm energisch.
Industriestandort bedroht
Für den Industriestandort Bochum würde eine Schließung des Stahlwerks massive Konsequenzen bedeuten. Das Edelstahlwerk, das, wie Thyssen-Krupp stets beteuerte, ein sicherer Standort sei, hat eine Kapazität von bis zu 800 000 Tonnen im Jahr. Monat für Monat werden dort bis zu 65 000 Tonnen Edelstahl hergestellt. Dies ist vor allem für das benachbarte Warm- und Kalt-Walzwerk ein wichtiger Faktor. Rund ein Drittel der gesammten Walzwerkskapazität wird vom Edelstahlwerk beschickt.
Insider befürchten bereits jetzt einen Dominoeffekt. Thyssen-Krupp ist mit insgesamt über 4000 Beschäftigten in Bochum nach Opel der größte Industrie-Arbeitgeber der Stadt. Wie wichtig und ernst dessen Zukunft die politisch Handelnden nehmen, das zeigte sich bereits, als im Frühjahr letzten Jahres die Verkaufsabsichten des Essener Mutterkonzerns erstmals bekannt wurden.
Proteste schon lange angekündigt
An der außerordentlichen und – wie Teilnehmer berichteten – höchst aufgeladenen Belegschaftsversammlung vom 25. Mai vergangenen Jahren sagten Oberbürgermeisterin Dr. Ottilie Scholz und der Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer (SPD) ganz spontan ihre Teilnahme zu. Die IG Metall kündigte bereits massive Protestaktionen an, falls sich die Pläne weiter konkretisieren sollten. Die Belegschaften seien bereit, um ihre Arbeitsplatze zu kämpfen. Sie erinnert auch daran, dass im Mai 2011 die Vereinbarungen „Zukunft und Beschäftigung“ sowie „Stainless Plus“ abgeschlossen worden sei. Dort haben die Partner unter anderem geregelt, dass Kündigungen ausgeschlossen sind und die deutschen Standorte mit Zukunftsinvestitionen gesichert werden.
Für die langfristige Zukunftssicherung der Walzwerke wird die Schmelzstufe als besonders wichtig angesehen, weil Qualität und Profitabilität nur gesichert werden können, wenn die Produktion über alle Stufen der Prozesse: Schmelzen, Warmwalzen, Kaltwalzen möglichst integriert ist. Daher wäre die alte Stahlstadt Bochum in ganz besondere Weise betroffen.
Zur Stunde informiert die Gewerkschaftspitze im Stahlwerk die Vertrauensleute und berät die weiteren Schritte.