Bochum. Die Population wilder Katzen nimmt trotz vielfacher Kastrationen rasant zu. Tierschutzvereine sind heillos überlastet, selbst für süße Kitten finden sich zu wenig Abnehmer. Mit Futterstellen und Schlafhäuschen wird versucht, das Nötigste abzudecken.

Zaghaft, mit angsterfülltem Blick, schleicht sich die schwarz-weiße Schönheit an den prall gefüllten Napf. Einige hastige Happen, ein dankbares Maunzen, und schon ist der Streuner wieder im Unterholz an der Glücksburger Straße verschwunden. Gisela Ocker freut sich. Ihr „Essen auf Rädern“ hat gemundet.

Regelmäßig fahren die 65-Jährige und weitere Mitglieder der Tierhilfe Bochum 26 Futterstellen an. Auf Firmengeländen und Bauernhöfen, am Rande von Siedlungen, im kargen Grün inmitten von Wohngebieten: Stadtweit serviert der Verein über 250 frei lebenden Katzen täglich eine Mahlzeit. Selbst gezimmerte Schlafhäuschen mit Styroporplatten sorgen gerade jetzt in der kalten Jahreszeit zudem für eine warme Behausung.

Wilde Katzen vermehren sich zu schnell, Tierschutzvereine finden keine Abnehmer

Die Hilfe ist lebenswichtig. Denn längst haben die Tierschützer in Bochum den Katzennotstand ausgerufen. Obwohl allein die Tierhilfe Bochum jährlich 800 bis 1000 Tiere auf eigene Kosten bei Partnerärzten kastrieren lässt, vermehren sich die heimatlosen Katzen in rasantem Tempo. Folge: Selbst die ach so süßen Katzenbabys, die der Verein aufliest und versorgt, finden nur noch selten ein Zuhause. Die Pflegefamilien (die Tierhilfe hat derzeit 43) sind ebenso ausgelastet wie das Tierheim. Ältere, kranke und verletzte Tiere haben gar keine Chance. „Wir können nur zusehen, dass die Katzen ausreichend Nahrung finden“, weiß Gisela Ocker, seit 22 Jahren Vorsitzende der Tierhilfe.

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Dabei stoßen die Tierschützer nicht selten auf heftigen Widerstand. „Einige Anwohner befürchten, dass die Futterstellen Ratten anlocken. Das ist zwar falsch, weil das Futter ruckzuck weg ist. Dennoch haben wir häufig Ärger.“ Zum Glück gibt’s noch Tierfreunde und Händler, die materielle Unterstützung leisten: Geldspenden gewährleisten, dass die 500 Euro für das Futter halbwegs gedeckt sind.

Euthanasie von Bochumer Tierschützern vehement abgelehnt

So groß die Not ist: Auf einhellige Ablehnung bei den Bochumer Tierschützern stößt ein Vorstoß der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT). Der Zusammenschluss von Tierärzten regt in einer Resolution eine Änderung des Tierschutzgesetzes an. Danach soll „die Euthanasie von noch blinden Katzenwelpen durch Tierärzte (...) anerkannt werden, wenn eine geeignete Unterbringung und Versorgung der heranwachsenden Katzen nicht gewährleistet ist“. Nur durch das frühzeitige Einschläfern, so die Veterinäre, könne die „Überpopulation“ eingedämmt werden.

„Wir ertrinken in einer Katzenschwemme, ähnlich der Tauben. Aber das rechtfertigt nicht das Töten gesunder Katzenbabys. Das kann, das darf nicht die Lösung sein. Ich könnte es auch seelisch nicht verkraften, Kätzchen zum Töten zum Tierarzt zu bringen“, entgegnet Gerhard Kipper vom Verein „Tiere in Not“. Statt Euthanasie müsse es eine Kastrationspflicht geben.