Bochum. . Sie brachten Thomas Mann den Nobelpreis ein. „Die Buddenbrooks“ haben auf ihrem Weg vom wuchtigen Familienroman zur Theater-Adaption nun auch Bochum erreicht. Das Prinz Regent Theater erzählt die Lübecker Geschichte zwischen Kapital und Gefühl.
Sechs Jahre nach seiner Uraufführung, ist John von Düffels „Buddenbrooks“-Dramatisierung nun auch in Bochum angekommen. Zu seinem 20. Geburtstag bringt das Prinz Regent Theater Thomas Manns Werk auf die Kammerbühne. Intendantin Sibylle Broll-Pape traf die Wahl nicht zufällig. Vieles an diesem Verfall einer Familie erscheine ihr nach wie vor aktuell.
Etwa, dass die Buddenbrooks nicht nur eine Familie, sondern vor allem ein Unternehmen sind, und jedes Familienmitglied dem ständigen Zwiespalt zwischen ökonomischer Notwendigkeit und persönlicher Neigung ausgesetzt ist. Angesichts des heutigen Furors der Finanzmärkte, war der global-kapitalistische Übergriff bis ins Private hinein bereits im 19. Jahrhundert angelegt.
Und doch ist diese „Buddenbrooks“-Aneignung keine bloße Ideologiekritik. Vielmehr versucht Broll-Pape, Stoff und Figuren analytisch zu packen. Agiert wird weniger nach Außen, vielmehr blicken der Konsul und seine Entourage mit dem Zuschauer in sich hinein. Hinter den Lebensfassaden werden Menschen sichtbar, ratlose, am Ende scheiternde Menschen.
Wie in der Psychotherapie
Die Bühne ist bis auf acht Stühle leer, die Darsteller sind stets alle versammelt, so dass sich die Inszenierung nicht nur aus der Sprache heraus, sondern auch über die Konstellation der Figuren entwickelt. Das sieht fast aus wie bei einer Familienaufstellung, jener Form der Psychotherapie, in der Familienmitglieder anhand ihrer Beziehungen und Abhängigkeiten „gestellt“ werden, um so Klarheit über ihre Verstrickungen und Gefühle zu bekommen.
Dass solch’ Formalismus über 2,5 Stunden nicht ermüdet, liegt an der Präsenz der Schauspieler. Franz Trunz ist ein statuarischer Konsul, der das Beste will, und damit das Schlimmste heraufbeschwört. Wolfram Boelzle spielt den Thomas, der das Familienerbe verteidigen will, als Boss, der gegen sich hart werden muss, um es gegen andere sein zu können. Etwa gegen seinen Bruder Christian, den labilen Künstler, von Stephan Ullrich grandios als Dandy des Nichts gezeichnet. Sehr gut auch Lydia Schamschula als Tony, die die Fallhöhe vom lustigen Backfisch zur zweimal geschiedenen Frau aufzeigt. Christoph Weher, der wechselweise den schleimigen Grünling und den grantelnden Permaneder spielt, setzt einen komödiantischen Akzent im ansonsten bitteren Spiel. Ein dichter, präziser Theaterabend.
Die nächsten Vorstellungen finden am 14., 15., 16. Oktober statt. Informationen und Tickets unter 0234 / 771117.