Bochum.

Hohe Kosten, knappe Kassen: Das Schauspielhaus erhöht die Preise. Um der Finanzierungskrise Herr zu werden, hat das NRW-Kultursekretariat ein Gutachten zu Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Stadttheatern an der Ruhr vorgelegt.

Die Zeiten sind schlecht, jedenfalls, was die Kommunalfinanzen angeht. Allerorts wird im Ruhrgebiet nach Ideen gesucht, die größten Haushaltslöcher zu stopfen. Davon ausgenommen ist natürlich nicht der Kultur-Sektor. Auch hierzulande müssen kleine und große K-Anbieter Opfer bringen. Auch das Schauspielhaus. Die Lage ist hier nicht nur nicht rosig, sondern wahrhaft schwierig. Von einem „Graben“, den es aufzufüllen gelte, „nicht von einem Loch“, sprach Intendant Anselm Weber dieser Tage in diesem Zusammenhang.

"Volle Hütte" gibt’s weiter

Ein Indiz dafür ist die Preiserhöhung, die dem Bochumer Theaterpublikum im Herbst bevor steht. Die Karten werden ab Oktober zwischen 20 und 30 Prozent teurer. „Nach dieser Preiserhöhung sind wir auf dem Niveau von Dortmund und Essen und immer noch klar unter Düsseldorf“, so Weber. Die teuersten Karten steigen von 23,10 auf 27 und 29 Euro, die preiswertesten von 8,80 auf 11 und 12 Euro. Bei den Kindervorstellungen bleiben die ermäßigten Karten bei 4 Euro, auch Schulkassen müssen nicht mehr zahlen als bisher. Künftig sind Wochenend-Vorstellung teurer als die unter der Woche, aber wer sich in die Tiefen des Abo-Systems einarbeitet, kann bis zu 35 % sparen. Auch die Preisaktion „Volle Hütte“ – keine Karten über 10 Euro – bleibt in der 2. Spielzeit Weber erhalten. Sie soll im Laufe der Saison für jede Produktion einmal gelten.

Premieren aus 2010 im Überblick

"Eleganz ist kein Verbrechen" wurde am Schauspielhaus uraufgeführt. Der Abend ist eine durchgeknallte Performance mit Rap-Einflüssen. Für Freunde des Experimentellen unbedingt zu empfehlen. Regie führte Monika Gintersdorfer. Foto: Arno Declair
Seit dem 9. Oktober stehen
Seit dem 9. Oktober stehen "Die Labdakiden", inszeniert von Roger Vontobel, auf dem Spielplan des Bochumer Schauspielhauses. Vier Dramen aus der Antike verschmelzen zu einer Familie-Polit-Saga. Foto: Arno Declair
Die Geschichte von Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer, ein Theaterstück für Kinder ab 6 Jahren, feierte am 14. November Premiere. Ein schwungvoll musikalisches Erlebnis. Foto: Diana Küster
Die Geschichte von Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer, ein Theaterstück für Kinder ab 6 Jahren, feierte am 14. November Premiere. Ein schwungvoll musikalisches Erlebnis. Foto: Diana Küster
Hausregisseur David Bösch inzenierte
Hausregisseur David Bösch inzenierte "Der Sturm" von William Shakespeare. Der Abend hat durchaus Längen, was aber durch die tolle Leistung der Schauspieler wieder herausgerissen wird. Foto: Arno Declair
"Irgendwo" ist ein etwas zu oberflächlich geratenes Tanztheaterstück von Malou Airaudo. Uraufführung war am 24. September. © WAZ FotoPool
Paul Koeks Inszenierung
Paul Koeks Inszenierung "Candide oder der Optimismus" ist ein durch und durch gelungenes Experiment. Der Regisseur lässt das Ensemble mächtig tanzen. Foto: Thomas Aurin © Thomas Aurin
Eine neue Version der
Eine neue Version der "Medea" erzählte der tunesische Regisseur Fadhel Jaibi gemeinsam mit der Autorin Jalila Baccar. Premiere war am 8. Oktober. Foto: Thomas Aurin
"Transit" ist eine Koproduktion mit dem Schauspiel Essen. Anselm Webers Inszenierung bleibt sehr ernsthaft. Auch wenn Witz und Risiko fehlen, überzeugen dei Schauspieler auch hier. Die nächste Vorstellung ist am 23. Januar um 19 Uhr. Foto: Thomas Aurin © Thomas Aurin
Roger Vontobel lässt sein Ensemble
Roger Vontobel lässt sein Ensemble "Peer Gynt" bis zum bitteren Ende lustvoll ausspielen. Am Ende sieht die Bühne aus wie ein Schlachtfeld.
In dieser Koproduktion mit dem Schauspiel Essen inszeniert Sebastian Nübling
In dieser Koproduktion mit dem Schauspiel Essen inszeniert Sebastian Nübling "Ubu" mit einem Ensemble aus Essen und Amsterdam. Gespielt wird auf deutsch, niederländisch, englisch – und in der Sprache Ubus.
"Hochstapeln", das neue Stück von Regisseur Jan Neumann, entstand erst während der Probenarbeit. Premiere war im Theater Unten am 2. Dezember.
Die Familiensaga
Die Familiensaga "Eisenstein" ist gleichzeitig eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Anselm Weber führte Regie. Das unterkühlte Spiel lässt keine Emotionalität entstehen. Foto: Arno Declair
In 3:15 Stunden fasst der türkische Regisseur Mahir Günsiray Faust 1&2 zusammen. Von der Story bleibt dabei leider nicht mehr viel übrig.  Foto: Thomas Aurin
In 3:15 Stunden fasst der türkische Regisseur Mahir Günsiray Faust 1&2 zusammen. Von der Story bleibt dabei leider nicht mehr viel übrig. Foto: Thomas Aurin
"Oft ist die Natur nicht einmal schön" - ein musikalischer Abend über den Klimawandel von Christoph Frick und Bo Wiget. Foto: Diana Küster
Was Jugendliche aus dem Ruhrgebiet umtreibt, wovon sie träumen, wovor sie Angst haben, erfährt man in
Was Jugendliche aus dem Ruhrgebiet umtreibt, wovon sie träumen, wovor sie Angst haben, erfährt man in "Next Generation". Die künstlerischen Ergebnisse dieses Projekts hat David Calis zu einer modernen Collage verdichtet.
"Honigherz" ist ein Theaterstück ohne viele Worte, dafür aber mit Musik, für Kinder ab 2 Jahre. Foto: Diana Küster
Menschen, die den Kontakt zu ihren Mitmenschen abbrechen, nennt man Hikikomori. Das gleichnamige Stück in der dichten, beklemmenden Inszenierung von Martina van Boxten richtet sich an junge Zuschauer ab 13 Jahren.
Menschen, die den Kontakt zu ihren Mitmenschen abbrechen, nennt man Hikikomori. Das gleichnamige Stück in der dichten, beklemmenden Inszenierung von Martina van Boxten richtet sich an junge Zuschauer ab 13 Jahren. © WAZ
Der Konzertabend
Der Konzertabend "Liebe ist ein hormonell bedingter Zustand", inszeniert von David Bösch, bietet Jugendlichen viel Stoff, sich mit den Protagonisten zu identifizieren.
Am 29. September stellte Dries Verhoeven seinen Live Streaming Container vor dem Schauspielhaus Bochum vor. Foto : Monika Kirsch
Am 29. September stellte Dries Verhoeven seinen Live Streaming Container vor dem Schauspielhaus Bochum vor. Foto : Monika Kirsch © WAZ
Wenn auch manche Entscheidungen der Regisseurin Lisa Nielebock wenig plausibel erscheinen, hält
Wenn auch manche Entscheidungen der Regisseurin Lisa Nielebock wenig plausibel erscheinen, hält "Nathan der Weise" doch über die gesamte Spieldauer von zwei Stunden hinweg die Spannung. Foto: Birgit Hupfeld
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Rund 100.000 Euro Mehreinnahmen verspricht sich der Intendant von der Preiserhöhung, die aktuell hohen Besucherzahlen vorausgesetzt. Um den „Graben“ zuzuschütten, der trotz des 16-Millionen-Etats im Jahr klafft, reichen die Zusatzeinnahmen aber lange nicht. Personalkosten gilt es, zu zahlen, Energie und Material werden auch nicht billiger – weil es keine weiteren Zuschüsse gibt, muss gespart werden. Die Frage ist nur: wo? - ohne den Spielbetrieb zu gefährden. Immer mehr Schließtage sind ja auch keine Lösung.

Werkstätten bleiben eigenständig

Interessant in diesem Zusammenhang ist ein vom Kultursekretariat NRW veröffentlichtes Theatergutachten mit dem Titel „Kooperationsmöglichkeiten im nichtkünstlerischen Bereich zwischen den Stadttheatern in Bochum, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen, Hagen und Oberhausen“. Die Kulturdezernenten besagter Ruhrstädte hatten es in Auftrag gegeben, um „Ansatzpunkte“ für eine Kooperation zwischen ihren Theatern zu finden. Das Ergebnis: Speziell im Einkauf (Waren und Dienstleistungen), bei einzelnen Funktionen des Marketings sowie im Investitionsbereich wären Synergien durch Zusammenarbeit erwartbar.

Für den Sektor Verwaltung fällt die Analyse dagegen negativ aus. Sinnvolle Kooperationen im Bereich Logistik beschränkten sich auf einzelne Theater. „Die für das Schauspielhaus wichtigste Botschaft ist, dass die Selbstständigkeit unsere Werkstätten erhalten bleibt“, so Anselm Webers Resümee. Das Theatergutachten böte lediglich Vorschläge, keine Handlungsanweisungen. Es gehe nicht um die Auflösung der Eigenständigkeit der Ruhr-Theater, vielmehr um ein „gemeinsames Nachdenken“ angesichts der von Düsseldorf angeregten grundsätzlichen Neuaufstellung der Finanzierung der NRW-Theater..

Das Kultursekretariat kommt in seinem Theatergutachten selbst zu dem Schluss: „Die zu erwartenden Effekte (einer engeren Kooperation) können nur kleinere Beiträge zur Erfüllung der Sparauflagen der Theaterträger leisten.“