Bochum. Das Bochumer Jugendamt beteiligt sich an bundesweiter Kampagne zur Imageverbesserung. Unrühmliche Vorfälle wie der „Fall Justin“ sollen einmalig bleiben. Höhepunkt in Bochum sind Aktionen rund um das Rathaus am 28. Mai zum Weltspieletag.
Wann immer ein Kind misshandelt wird oder gar zu Tode kommt, geht ein Aufschrei durchs Land, und meist geraten die Jugendämter schnell in die Schusslinie. Auch Bochum hat seinen „Fall Justin“, das wenige Monate alte Kleinkind verstarb im November 2005 in Folge von Verbrühungen. Das Jugendamt hatte zuvor Hinweise einer Herner Klinik ignoriert, wonach der Junge offenbar schon früher misshandelt worden sei.
Über Aufgaben und Leistungen informieren
Damit „Justin“ ein Einzelfall bleibt, vor allem aber um das teils ramponierte Image der Jugendämter aufzupolieren, beteiligt sich Bochum an der bundesweiten Kampagne „Das Jugendamt. Unterstützung, die ankommt.“ Dabei starten die rund 600 Jugendämter in Deutschland vom 3. Mai bis zum 8. Juni Aktionswochen, in denen sie über ihre Aufgaben und Leistungen informieren. Den Startschuss gibt Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder (CDU) heute in Berlin. Die zentrale Bochumer Veranstaltung findet am Samstag, 28. Mai, im Rahmen des Weltspieltags rund um das Rathaus – im Innenhof, auf dem Vorplatz sowie auf der Hans-Böckler-Straße – statt.
Krasse Einzelfälle sind nie ganz auszuschließen
In den Medien werde häufig ein „einseitiges Zerrbild“ von Jugendämtern wiedergegeben, moniert Dolf Mehring, Leiter des hiesigen Jugendamts. „Natürlich gibt es krasse Einzelfälle, sie sind nie ganz auszuschließen. Aber was wäre los, wenn es keine Jugendämter geben würde?“, gibt er zu bedenken. Der „Fall Justin“ sei ein „Schlag ins Kontor“ gewesen, „der nicht spurlos an uns vorbei gegangen ist“, räumt Mehring ein. Doch man sei gut aufgestellt und habe sich in der Landschaft der Jugendämter einen guten Ruf erarbeitet.
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„Kinderschutz steht bei uns ganz oben auf der Agenda, wir müssen bei Übergriffen eingreifen“, so Mehring weiter, doch das sei nur ein kleiner Teil der täglichen Arbeit. Man wolle vor allem den Dienstleistungsaspekt betonen, sich verstärkt als Helfer, denn als Kontrollorgan präsentieren. Besonders im Bereich „Frühe Hilfen“ habe sich „unglaublich viel entwickelt in den letzten Jahren“. So werden Familien, die vor kurzem Nachwuchs bekommen haben, zu Hause von einem Begrüßungsteam besucht, das neben kleinen Geschenken einen prall gefüllten Ordner mit sämtlichen Hilfs- und Betreuungsangeboten überreicht. „Wir wollen frühzeitig unterstützen und fördern und nicht erst reagieren, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist“, sagt Mehring.
Jugendämter sind kritischer geworden
Gänzlich vermeiden lassen sich Fälle von Vernachlässigung oder Gewalt gegenüber Kindern deshalb aber nicht. 196 mal hat das Bochumer Jugendamt im vergangenen Jahr Eltern das Sorgerecht entzogen, in den meisten Fällen wegen Verwahrlosung. Weitere 369 Kinder kamen in Pflegefamilien. „Die Jugendämter gucken heute kritischer hin“, sagt Dolf Mehring, „wir bekommen aber auch mehr Hinweise aus den Familien oder der Nachbarschaft.“